Wien 18., Gentzgasse 7


Egon Friedell wurde 1878 als Sohn des Seidentuchfabrikanten Moritz Friedmann in Wien geboren. Als Egon ein Jahr alt war, verließ die Mutter Caroline, geb. Eisenberger, die Familie und die Ehe wurde geschieden. Nachdem der Vater 1891 verstorben war, wuchs Egon fortan bei seiner Tante in Frankfurt auf. Nachdem er mehrmals wegen ungebührlichen Benehmens aus Gymnasien ausgeschlossen worden war, machte er das Abitur 1899. Zum Studium kehrte er nach Wien zurück und promovierte im Jahr 1904. Aufgrund seiner Freundschaft mit Alfred Polgar schloss sich Friedell um die Jahrhundertwende dem Kreis um Peter Altenberg und der so genannten Kaffeehausliteratur an. Zunächst schrieb er Essays für Zeitschriften wie März, Schaubühne und Die Fackel.
Ab 1906 trat er erfolgreich in Kabaretts auf. Von 1908-1910 hatte er die künstlerische Leitung des Kabaretts „Die Fledermaus“ über. Seit 1910 wirkte Friedell auch als Schauspieler. Zusammen mit dem Journalisten Felix Fischer gründete er die „Intime Bühne“ auf der Praterstraße, wo Werke von August Strindberg und Frank Wedekind erstmals in Österreich gezeigt wurden. Von 1919-1924 arbeitete er sowohl als Journalist und Theaterkritiker als auch als Dramaturg, Regisseur und Schauspieler am Deutschen Theater in Berlin und am Burgtheater in Wien unter Max Reinhardt. 1924-1929 war er Mitglied des Ensembles des Theaters in der Josefstadt.

Ab 1927 stand für Friedell die Arbeit an seiner „Kulturgeschichte der Neuzeit“ im Mittelpunkt seines Interesses, deren drei Bände 1932 erschienen. Seine „Kulturgeschichte des Altertums“ blieb ein Fragment. Der erste Band musste 1936 beim Schweizer Helikon Verlag erscheinen, weil kein deutscher oder österreichischer Verlag bereit war, ihn zu veröffentlichen. Der zweite Band erschien posthum 1949. Im Februar 1938 wurde seine „Kulturgeschichte“ schließlich in Deutschland verboten. Egon Friedell war 1897 vom Judentum zum evangelischen Glauben konvertiert. Dem Judentum stand er fortan ablehnend gegenüber und lehnte deshalb die biologistische Rassentheorie des Nationalsozialismus vehement ab. Nach dem „Anschluss“ verfiel Friedell in Panik, wollte Österreich aber nicht verlassen. Als am 16. März 1938 gegen 22 Uhr SA-Männer in seine Wohnung kamen und seine Haushälterin nach dem “Jud Friedell” fragten, stürzte er sich aus dem Fenster seiner Wohnung im dritten Stock des Hauses Wien 18., der Gentzgasse 7 und erlag seinen Verletzungen.