„Mischehen“ in Währing am Beispiel der Familie Brauner

Wien 18., Abt-Karl-Gasse 11


Viele der als Juden Verfolgten, die durch eine „Mischehe“ geschützt waren, gehörten nicht mehr der jüdischen Religionsgemeinschaft an und waren nur durch die NS-Rassengesetze als Juden definiert. So auch die Familie Brauner. Der Diplomingenieur Ernst Brauner (1894-1973) war jüdischer Herkunft, aber ebenso evangelisch getauft wie seine beiden Söhne Ernst (1928-2019) und Heinz (1930-2016). Die Familie war säkular und lebte in einer gutbürgerlichen Wohnung in Wien-Währing, Abt-Karl-Gasse 11, in der Nähe des Schubertparks. Als Kind verbrachte Heinz Brauner auch viel Zeit im Haus seiner jüdischen Großeltern, Heinrich und Charlotte Brauner, in 18., Gentzgasse 86-88. In dieser Wohnung wohnte auch die Tante der Brüder Brauner, die Schwester ihres Vaters, Josefine Höllriegl (1896-1987) mit ihrer Tochter Charlotte (1919-1986). Nach dem „Anschluss“ galt die Familie Brauner als „privilegierte Mischehe", da die Söhne Ernst und Heinz getauft und daher „Mischlinge 1. Grades“ waren. Daher konnte Marianne Brauner auch erfolgreich gegen die Umsiedlung der Familie in eine „Sammelwohnung“ intervenieren und die Wohnung in der Abt-Karl-Gasse behalten. Ernst Brauner hatte bis zum „Anschluss“ als Techniker bei der schwedischen Firma Alfalaval gearbeitet. Nachdem er als Jude gekündigt werden musste, stellte die Firma Marianne Brauner an, um der Familie weiter ein Einkommen zu gewähren.

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Die jüdischen Großeltern wurden 1942 aus ihrer Wohnung in der Gentzgasse delogiert und mussten in eine „Sammelwohnung“ im 2. Bezirk übersiedeln. Josefine Höllriegl konnte mit ihrer Tochter, die als „Mischling 1. Grades“ galt, in der Wohnung bleiben. Heinrich und Charlotte Brauner wurden wenige Monate später, im Juli 1942, nach Theresienstadt deportiert. Hier starb Heinrich Brauner im Dezember 1942, seine Frau Charlotte wurde im Mai 1944 nach Auschwitz verschleppt und ermordet.

Zum Zeitpunkt der Deportation der Großeltern wurde Ernst Brauner mit 14 Jahren aus dem Schopenhauer-Gymnasium verwiesen, da „Mischlingen“ der Besuch der Oberstufe verwehrt wurde. Seine Mutter konnte ihn in die Handelsschule A. Neumann in der Neubaugasse 36 im 7. Bezirk einschreiben, wo es eine eigene Klasse für „Mischlinge“ gab. Nach Abschluss der Handelsschule arbeitete Ernst als Hilfsarbeiter in der Fahrradhandlung von Johann Muhr im 9. Bezirk. Da ihm Freunde seiner Mutter privat Unterricht erteilten, konnte er im Herbst 1945 in die 8. Klasse des Schopenhauer-Gymnasiums eintreten und im Juni 1946 maturieren. Danach studierte Ernst Brauner Theaterwissenschaften, Germanistik und Philosophie. Er arbeitete als Journalist, Publizist und Autor von Romanen und Fernsehspielen. Ernst Brauner starb 2019 in Wien.

Heinz Brauner musste im Juni 1944 ebenfalls als „Mischling“ das Schopenhauer-Gymnasium verlassen. Danach wurde er als Totengräber zwangsdienstverpflichtet. Daneben erhielt er wie sein Bruder Privatunterricht von ehemaligen Lehrern und Bekannten. Nach dem Krieg besuchte er das TGM (eine höhere technische Bundeslehranstalt). Danach arbeitete er ebenso wie sein Vater bei der Firma Alfalaval, wo er schließlich Leiter des technischen Büros wurde.

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