Wien 18., Köhlergasse 14


Alfred Kirsch (1861 Wien-1942 Theresienstadt) war als Erwachsener aus beruflichen Erwägungen zum Katholizismus konvertiert und hatte auch seine Frau Luise, geb. Strassmann (1868 Gaya/Kyjov - 1943 Theresienstadt), überredet, ihm zu folgen. Auch die Kinder Karl (1896 Wien - 1959 Sidney) und Elisabeth (1897 Wien - 1989 Sidney) wurden getauft. Da Alfreds Vater, Elias Kirsch, jedoch strenggläubig war und nichts von der Taufe wissen sollte, wurde Karl Kirsch auch beschnitten. Nach seiner Heirat mit Hansi Schmidl erzog Karl seine Kinder Gerhard und Susie jüdisch.

Alfred Kirsch hatte eine Fischbeinerzeugung. Als Korsette und Reifenröcke außer Mode kamen, musste er den Betrieb sperren und verdiente als kaufmännischer Gutachter seinen Unterhalt. Er besaß ein zweistöckiges Wohnhaus mit drei Wohnungen und einem großen Garten in 18., Köhlergasse 14. Alfred und Luise Kirsch wohnten im 1. Stock, den 2. Stock bewohnte Luises Schwester Klara (1879 Voitsberg - 1943 Auschwitz) mit ihrem Mann Alexander (Sandor) Lang (1887 Budapest - 1942 Theresienstadt). Luise und Klara waren zunächst in Voitsberg, wo ihr Vater, Emmanuel Strassmann Direktor einer Glasbläserei war, und später in Graz aufgewachsen und erst nach ihrer Heirat nach Wien gezogen.
Nach dem „Anschluss“ setzten die Nationalsozialisten vor allem die Jüdinnen und Juden in der Provinz unter Druck, damit diese entweder ins Ausland oder zumindest nach Wien fliehen sollten. Dieses Schicksal teilten auch die Geschwister von Luise Kirsch, die in Graz wohnten. Einige von ihnen, Dr. Sigmund (1870 Koritschan/Koryčany - Theresienstadt, o.D.) und Melanie Strassmann (1879 Graz - 1944 Auschwitz), Hermine Markus (1866 Gaya/Kyjov - 1943 Theresienstadt) und Helene Knöpfelmacher (1876 Koritschan/Koryčany - 1942 Treblinka) fanden im Haus Köhlergasse 14 Zuflucht.

1941 wurde auch noch das Ehepaar Ing. Siegmund (1884 -1 942 Izbica) und Elsa Weys (1888 Wien - 1942 Izbica) vom Wohnungsamt eingewiesen.


Vermutlich noch 1941 mussten die BewohnerInnen das Haus 18., Köhlergasse 14 verlassen und in verschiedene Sammelwohnungen im 1. und 2. Bezirk übersiedeln. Alfred und Luise Kirsch wohnten in 1., Stoß im Himmel 3/10, bevor sie am 20. Juni 1942 nach Theresienstadt deportiert wurden. Klara und Alexander (Sandor) Lang wurde eine Unterkunft in 1., Dominikanerbastei 22/3a zugewiesen, sie wurden am 10. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert. Helene Knöpfelmacher und Hermine Markus mussten zunächst nach 2., Zwerggasse 4/11 und dann weiter nach 2., Darwingasse 21/11 übersiedeln, bevor auch sie am 28. Juli 1942 nach Theresienstadt verschleppt wurden. Das Ehepaar Weys wurde am 12. Mai 1942 nach Izbica verschickt und ermordet. Keiner der BewohnerInnen des Hauses 18., Köhlergasse 14 überlebte die Shoah.

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