13.09.2023

Experiment in Japan liefert überraschendes Ergebnis zu seltenen B-Meson-Zerfällen

Die Untersuchung eines seltenen und schwer nachweisbaren Prozesses durch das Belle II-Experiment in Japan hat zu einem unerwarteten Ergebnis geführt: Auf der Konferenz der Europäischen Physikalischen Gesellschaft EPSHEP2023 in Hamburg wurde der erste Nachweis für den Zerfall B⁺ → K⁺ νν̅ vorgestellt. Doch nicht nur das: Die Zerfallsrate scheint rund fünfmal höher zu sein, als das Standard-Modell der Teilchenphysik vorhersagt. Sollte sich dieses Ergebnis bestätigen, könnte es also einen wesentlichen Hinweis auf Physik jenseits des Standard-Modells liefern.

Copyright: KEK

B-Mesonen sind subatomare Teilchen, die in Beschleunigern hergestellt werden und sich besonders für die Überprüfung des Standard-Modells der Teilchenphysik eignen. Sie haben rund die fünffache Proton-Masse und zerfallen nach einer Pikosekunde. Der Zerfall eines geladenen B-Mesons in ein geladenes Kaon und ein Neutrino-Antineutrino-Paar, B⁺ → K⁺νν̅, ist eigentlich nicht erlaubt, kann aber durch Quantenkorrekturen trotzdem stattfinden. Deshalb ist er auch extrem selten – nur ein B-Meson in einer Million zerfällt in diesen Kanal – aber auch extrem interessant, denn Neue Physik würde genau diese Quanteneffekte beeinflussen. Darüber hinaus weist der Endzustand nur ein einziges geladenes Teilchen und sonst im Detektor unsichtbare Teilchen auf, weshalb seine anspruchsvolle Rekonstruktion derzeit nur beim Belle II-Experiment möglich ist. Dafür wurde der gesamten Belle-II-Datensatz von insgesamt 390 Millionen B-Ereignissen ausgewertet.

Belle II ist nun nicht nur der erstmalige Nachweis dieses Zerfalls gelungen, das Ergebnis liegt auch einen Faktor 5 bzw. 3 Standardabweichungen über der Vorhersage des Standard-Modells. Genau eine solche Erhöhung der Zerfalls-Wahrscheinlichkeit würde man erwarten, falls neue, schwere Teilchen zu den Quantenkorrekturen beitragen. Sollte sich dieses Ergebnis bestätigen, wäre es also ein Hinweis auf Physik jenseits der Standard-Modells und hätte erhebliche Auswirkungen auf Teilchenphysik-Experimente bei den höchsten Energien, wie jene am LHC und FCC des CERN in Genf. In Wien wird insbesondere an der Überprüfung dieser Messung mit den Daten des Vorgängerexperimentes mit Hochdruck gearbeitet.

Belle II, der Nachfolger des internationalen Experiments Belle, ist eine internationale Gruppe von ungefähr 1.100 Physiker/innen und Ingenieur/innen von 123 Universitäten und Labors in 27 Ländern auf der ganzen Welt. Seit 2001 sind auch Forscher/innen vom Institut für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) federführend mit dabei. Die Wiener Gruppe hat den innersten Detektorteil von Belle II entwickelt und gebaut.

 

Wissenschaftliche Vorträge auf der EPS-HEP2023 zu dem Thema:

https://indico.desy.de/event/34916/contributions/149769/

https://indico.desy.de/event/34916/contributions/146877/