GEDENKBUCH

für die Opfer des Nationalsozialismus
an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Fassade und Siegel der Akademie der Wissenschaften. Bild: ÖNB-Bildarchiv, Sign. L 32.608-C bzw. Siegelsammlung des Archivs der ÖAW

Stefan Pelc / Pelz


geb. am 9. April 1908 in Brno, gest. am 6. Februar 1973 in London

Stefan Richard Pelc/Pelz war von 1928 bis 1934 Mitarbeiter am Institut für Radiumforschung der Akademie der Wissenschaften in Wien. Nach dem „Anschluss“ wurde er aus rassistischen Gründen verfolgt und konnte seine Tätigkeit an der Akademie nicht mehr fortsetzen. Pelc emigrierte 1938 nach Großbritannien.

Pelc wurde als Sohn von Wencel Pelc (1870–1945) und seiner Frau Bertha, geb. Placzek (1877–1948), in Brünn geboren. Er studierte Physik an der Universität Wien und promovierte 1934 mit seiner Dissertation „Über den Kristallphotoeffekt an verfärbten Steinsalz“, verfasst am Institut für Radiumforschung der Akademie der Wissenschaften. Danach nahm er eine Stelle an der Radium-Station des Wiener Städtischen Krankenhauses Lainz an, Franz Urbach war hier bis 1934 als Leiter des physikalischen Labors tätig.

1938 emigrierte Pelc von seinem Zweitwohnsitz in Wattens in Tirol aus nach England, wo er in die Armee eintrat. Mit ihm kamen seine Frau Elisabeth, geb. Bunzl (1912–1993), Tochter des Industriellen Dr. Viktor Bunzl (1880–1916), und die gemeinsame Tochter Hedwig Gertrud Hilda Pelc. Die letzte Wiener Wohnadresse war die Langegasse 46 in Wien-Josefstadt. Ab 1943 war Pelc als Physiker am Hammersmith Hospital in London beschäftigt, unter anderem in der Medical Research Council Radiotherapeutic Research Unit. Stefan Pelc wurde 1947 in Großbritannien eingebürgert.

Ab 1957 forschte und unterrichtete Pelc am Medical Research Council, Biophysics Research Unit des King’s College in London. Unter anderem absolvierte er im Jahr 1959 einen Forschungsaufenthalt am Cancer Research Institute des University of California Medical Center in San Francisco (CA), unterstützt von der American Cancer Society. Zuletzt forschte er an der Division of Cellular Biology des Kennedy Institute of Rheumatology der University of Oxford. Stefan Pelc konzentrierte seine Arbeit zunehmend auf das Gebiet der Zellbiologie. Forschungen gemeinsam mit Alma Howard führten im Jahr 1951 zur Entdeckung und Einführung der Unterteilung des Zellzyklus in vier Phasen, eine Grundlage für die Zellkinetik. Stefan Pelc verstarb im Jahr 1973 in London.


Schriften (Auswahl)


  • Stefan Pelc, Über den Kristallphotoeffekt an verfärbten Steinsalz (= Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien, Abt. 2, Bd. 142, Wien 1933), Dissertation, Universität Wien 1934.
  • Ders., Autoradiograph Technique, in: Nature 160 (1947), 749–750.
  • I. Doniach – ders., Autoradiograph Technique, in: British Journal of Radiology 23, 267 (1950), 184–192.
  • Alma Howard – ders., Synthesis of nucleoprotein in bean root cells, in: Nature 167 (1951), 599–600.
  • Ders. – Alma Howard, Effect of Various Doses of X-Rays on the Number of Cells Synthesizing Deoxyribonucleic Acid, in: Radiation Research 3, 2 (1955), 135–142.
  • Ders., Effect of X-Rays on the Metabolism of Cell Nuclei of Non-dividing Tissues, in: Nature 178 (1956), 359–360.
  • Ders., Nuclear Uptake of labelled Adenine in the seminal Vesicle of the Mouse, in: Experimental Cell Research 14, 2 (1958), 301–315.
  • Ders. – Maria Pia Viola-Magni, Decrease of Labeled DNA in Cells of the Adrenal Medulla after Intermittent Exposure to Cold, in: The Journal of Cell Biology 42, 2 (1969), 460–468.


Quellen und Literatur (Auswahl)


    • D. A. Christie – E. M. Tansey (Hg.), Development of Physics Applied to Medicine in the UK, 1945–1990. The transcript of a Witness Seminar held by the Wellcome UCL, London, on 5 July 2005 (= Trust Centre for the History of Medicine at Wellcome Witnesses to Twentieth Century Medicine 28), London 2006, 24, 119.
    • Joseph G. Dubrovsky – Victor B. Ivanov, Celebrating 50 years of the Cell Cycle. To round off a Year of Scientific Commemoration, let’s raise a Glass to Howard and Pelc, in: Nature 426 (2003), 759.
    • Johannes Feichtinger, Transformationen der Forschungspolitik, in: Johannes Feichtinger – Herbert Matis – Stefan Sienell – Heidemarie Uhl (Hg.), Die Akademie der Wissenschaften in Wien 1938 bis 1945. Katalog zur Ausstellung, Wien 2013, 117–126, hier: 122.
    • Wolfgang L. Reiter, Österreichische Wissenschaftsemigration am Beispiel des Instituts für Radiumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, in: Friedrich Stadler (Hg.), Vertriebene Vernunft II. Emigration und Exil österreichischer Wissenschaft (=Emigration – Exil – Kontinuität. Schriften zur zeitgeschichtlichen Kultur- und Wissenschaftsforschung 2), Münster 22004, 709–729, hier: 722.
    • Wolfgang L. Reiter, The Year 1938 and its Consequences for the Sciences in Austria, in: Friedrich Stadler – Peter Weibel (Hg.), The Cultural Exodus from Austria, New York 1995, 188–205, hier: 204.
    • Wolfgang L. Reiter, Von Erdberg in die Boltzmanngasse – 100 Jahre Physik an der Universität Wien, in: Karl Anton Fröschl – Gerd B. Müller – Thomas Olechowski – Brigitta Schmidt-Lauber (Hg.), Reflexive Innensichten aus der Universität. Disziplinengeschichten zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Politik (= 650 Jahre Universität Wien – Aufbruch ins neue Jahrhundert 4), Göttingen 2015, 191–209, hier: 201.
    • Marlene Wahlmüller, Die Akademie der Wissenschaften in Wien. Kontinuitäten und Diskontinuitäten 1938–1945, Diplomarbeit, Universität Wien 2010, 64.
    • Egon R. von Schweidler, Institut für Radiumforschung. Bericht über die Tätigkeit vom April 1934 bis April 1936 (Bericht des Generalsekretärs), in: Akademie der Wissenschaften in Wien, Almanach für das Jahr 1935, Wien 1936, 196–197, hier: 196.


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