GEDENKBUCH

für die Opfer des Nationalsozialismus
an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Fassade und Siegel der Akademie der Wissenschaften. Bild: ÖNB-Bildarchiv, Sign. L 32.608-C bzw. Siegelsammlung des Archivs der ÖAW

Oskar Peczenik


geb. am 12. Februar 1898 in Wien, Todesdatum unbekannt

Oskar Peczenik forschte von 1934 bis 1938 an der Biologischen Versuchsanstalt (BVA) der Akademie der Wissenschaften in Wien. Nach dem „Anschluss“ wurde er aus rassistischen Gründen verfolgt und konnte seine Tätigkeit an der Akademie nicht mehr fortsetzen. Peczenik konnte nach Großbritannien emigrieren. Er wanderte im Jahr 1953 nach Israel aus.

Peczenik wurde als Sohn von Samuel Peczenik und seiner Frau Amalia, geb. Hoppen, in Wien geboren. Er studierte am Institut für allgemeine und vergleichende Physiologie der Universität Wien und promovierte im November 1934 zum Dr. med. Anschließend forschte er am Physiologischen Institut der Universität Wien bei Prof. Ernst Czyhlarz (1873–1950), Vorstand der I. Medizinischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses in Wien. Von 1934 bis 1938 war Oskar Peczenik an der Physiologischen Abteilung der BVA als Assistent des Physiologen und Hormonforschers Eugen Steinach tätig. In dieser Zeit publizierte er mehrere Forschungsberichte und Aufsätze, unter anderem gemeinsam mit Steinach und Heinrich Rudolf Kun.

In der nach dem „Anschluss“ erstellten „Liste der Arbeitenden“ der BVA wurde er als „Nicht-Arier“ und als „ausgetreten“ vermerkt. Peczenik konnte im selben oder im folgenden Jahr nach Großbritannien emigrieren. In London lebte sein Cousin Charles Peczenik. 1940/41 erschien ein von ihm gemeinsam mit Gerta Schmid und Ludwig Popper (1904–1984) verfasster Aufsatz, in dem London als Wohnsitz der drei Autoren angegeben wird. In der ersten Anmerkung der Publikation: O. Peczenik – L. Popper – G. Schmid, Antagonism between Thyroid and Posterior Pituitary and its Relation to the Autonomic Nervous System, Confinia Neurologica 3, 1940–41, 331–347 heißt es: „This work was carried out 1936–1938 under a grant of the Seegen-Foundation of the Austrian Academy for Science in its Viennese Institute for Biological Research, the former laboratory of Prof. E. Steinach.“ In Großbritannien arbeitete Peczenik unter anderem als Senior Pharmacologist in den Bereichen Physiologie, Medizin und Pharmazie an verschiedenen Universitäten und Forschungseinrichtungen. Er war im Jahr 1944 tätig am Department of Zoology, University of Glasgow, 1944 bis 1947 am Department of Physiology, University of Liverpool, 1947/1948 an den Hosa Research Laboratories, Sunbury-on-Thames, 1949 am Department of Pharmacology der School of Pharmacy in London, und bis 1953 am Research Department (Pharmacology Division), Boots Pure Drug Co., Ltd., Nottingham sowie am Sir John Henry Gaddums Laboratorium in Edinburgh. In seinen Forschungen beschäftigte er sich unter anderem mit den Auswirkungen von Hormonen und Chemotherapien auf das Nervensystem.

1951 wurde Peczenik in Großbritannien eingebürgert. Zu dieser Zeit lebte er in der Stadt West Bridgford in Nottinghamshire. Vermutlich im Jahr 1953 emigrierte er nach Israel. Von 1953 an war er als Pharmakologe an den Central Laboratories des Israelischen Gesundheitsministeriums in Jerusalem tätig und prüfte pharmazeutische Produkte. Diese Beschäftigung dürfte er zumindest bis 1971 fortgesetzt haben. 1961 nahm Oskar Peczenik seine Tätigkeit als Research Fellow am Toxicological Laboratory des Leopold Greenberg Institute of Forensic Medicine der Hebrew University in Abu Kabir (Israel) auf. Sein Todesdatum ist noch unbekannt.


Schriften (Auswahl)


  • Oskar Peczenik, Über intracellulare Eiweißverdauung in der Mitteldarmdrüse von Limnea, in: Zeitschrift für vergleichende Physiologie 2, 3 (1925), 215–225.
  • Ders. – L. Popper – G. Schmid, Antagonism between Thyroid and Posterior Pituitary and its Relation to the Autonomic Nervous System, in: Confinia Neurologica 3 (1940–41), 331–347.
  • Ders., VIII. Action of Sex Hormones on the Adrenal Cortex of the Golden Hamster, in: Proceedings of the Royal Society of Edinburgh. Section B. Biology 62, 1 (1944), 59–65.
  • Ders., Eduard [sic] Steinach, in: Oesterreichische Wissenschaft. Essays, Biographien, Betrachtungen. Mit einer Vorrede von Prof. Dr. Erwin Schroedinger. Dublin Institute for Advanced Studies. Nobelpreisträger, hg. von H. Ullrich, London 1945, 29–32.
  • Ders., Influence of Steroid Hormones on the Sensitivity of Adrenalectomized Mice to Procaine, in: Proceedings of the Royal Society of London. Series B, Biological Sciences 134 (1947), 218–226.
  • Ders., Influence of Cysteinamine, Methylamine and Cortisone on the Toxicity and Activity of Nitrogen Mustard, in: Nature 172 (1953), 454–455.
  • Ders., Influence of Adrenalectomy and of Insulin on the Action of Neuro-Humoral Substances, in: Confinia Neurologica 21 (1961), 98–108.
  • Ders. – I. L. Fisher – M. Librus, Experiments relating to the mechanism of death cap poisoning, in: Toxicon 3, 1 (1965), 41–47.


Quellen und Literatur (Auswahl)


    • Archiv der ÖAW, Bestand BVA.
    • Archiv der ÖAW, NL Fritz Knoll, K. 1, Mappe 2, Konv. „Akten (1935)1938“ („Liste der Arbeitenden“).
    • Archiv der Universität Wien, Med. Fak. Promotionsprotokoll.
    • Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Matriken; Bestand Jerusalem, A/W 2589, 12, 4719.
    • Akademie der Wissenschaften in Wien, Almanach f. d. J. 1936, 1937.
    • Peretz Dagan (Hg.), Who’s who in Israel 1962, Tel Aviv Dezember 1961, 464.
    • Renate Feikes, Emigration jüdischer Wiener Ärzte ab 1938 in die USA, speziell nach New York, Bd. 2, Dissertation, Universität Wien 1999, 148.
    • Hugo Gold, Geschichte der Juden in Wien. Ein Gedenkbuch (= Geschichte des österreichischen Judentums 1), Tel Aviv 1966, 149.
    • Hugo Gold, Österreichische Juden in der Welt. Ein bio-bibliographisches Lexikon (= Schriftenreihe des Zwi Perez Chajes Instituts), Tel-Aviv 1971, 36.
    • H. E. Goldschmidt, Die kulturelle Schriftenreihe des „Free Austrian Movement“ London 1942/1946, in: Helene Maimann – Heinz Lunzer (Red.), Österreicher im Exil 1934 bis 1946, Protokoll des Internationalen Symposiums zur Erforschung des Österreichischen Exils von 1934 bis 1945, abgehalten vom 3. bis 6. Juni 1975 in Wien, Wien 1977, 459–467, hier: 464.
    • Cheryl A. Logan – Sabine Brauckmann, Controlling and Culturing Diversity: Experimental Zoology before World War II and Vienna’s Biologische Versuchsanstalt, in: Journal of Experimental Biology 323, 4 (2015), 211–226.
    • Per Södersten – David Crews – Cheryl Logan – Rudolf Werner Soukup, Eugen Steinach, The First Neuroendocrinologist, in: History of Endocrinology 155, 3 (2014), 688–702.
    • The London Gazette Nr. 39233 (22.5.1951), 2812.
    • Who’s who in Israel 1963–4, Tel Aviv Juli 1963, 485.


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