GEDENKBUCH

für die Opfer des Nationalsozialismus
an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Fassade und Siegel der Akademie der Wissenschaften. Bild: ÖNB-Bildarchiv, Sign. L 32.608-C bzw. Siegelsammlung des Archivs der ÖAW

Friedrich Koczy


geb. am 16. Juni 1914 in Wien, gest. am 18. April 1967 in Honolulu (HI, USA)

Friedrich Koczy war von 1936 bis 1939 am Institut für Radiumforschung der Akademie der Wissenschaften in Wien tätig. Im Jahr 1939 emigrierte er aus politischen Gründen nach Schweden.

Friedrich Franz, auch Fritz Frans, Koczy wurde als Sohn des Direktors der Salzburger Dependance der Österreichischen Nationalbank Viktor Koczy (geb. 1890) und seiner Frau Auguste, geb. Swoboda, in Wien geboren. Ab 1934 studierte er Versicherungsmathematik an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien, legte die Staatsprüfung ab und inskribierte die Fächer Physik und Mathematik. Friedrich Koczy promovierte im Februar 1939 mit seiner Dissertation in Physik über „Heliumbestimmungen an Steinsalz und Sylvin“ an der Universität Wien. Im Rahmen seines Dissertationsprojekts forschte er von 1936 bis 1938 am Institut für Radiumforschung der Akademie der Wissenschaften in der Arbeitsgruppe von Berta Karlik (1904–1990). Befreundet war er hier mit dem 1937 nach Großbritannien emigrierten Physiker Walter Kellermann. Vermutlich war Koczy nach Fertigstellung der Dissertation weiterhin am Institut tätig. Im Almanach der Akademie für das Jahr 1938 scheint sein Name in der Liste der Personen auf, die „im Institute oder mit den Mitteln des Institutes“ arbeiteten. In Almanach für 1939 wird Koczy ebenfalls angeführt.

Friedrich Koczy, der sich in der sozialistischen Bewegung engagiert hatte, emigrierte im Februar 1939 aus politischen Gründen über Kiel nach Schweden. Am 13. August 1942 wurde ihm die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen. Als Folge dieser Ausbürgerung wurde ihm am 11. September 1943 der erworbene Doktorgrad von der Universität Wien aberkannt. Diese Aberkennung wurde von der Universität erst im Jahr 1955 für nichtig erklärt. Im Jahr seiner Emigration fand Koczy eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ozeanografischen Institut in Göteborg, wo er von 1943 bis 1947 als Assistant Professor tätig war. Von 1947 bis 1948 beteiligte er sich als Ozeanograf auf dem Forschungsschiff Albatross an einer Expedition für Radioaktivitätsmessungen.

Von 1948 bis 1955 war er am Hydrographic Department der Universität Stockholm tätig, von 1955 bis 1956 als ao. Professor wieder am Ozeanografischen Institut. Parallel arbeitete er von 1948 bis 1956 als Ozeanograf bei den Schwedischen Fischereien in Göteborg. Im Jänner 1957 übersiedelte Koczy in die USA, wo er als Associate Professor am Institute of Marine Science (später Marine Laboratory) der University of Miami wirkte. 1959 wurde er zum Professor für Meereswissenschaften, später zum Institutsleiter berufen. Er arbeitete als Berater im Bereich Unterwassertechnologie für die National Science Foundation und für die Franklin GNO Corporation. 1963 erhielt Koczy die U.S.-Staatsbürgerschaft.

Friedrich Koczy war Mitglied der American Society of Limnology and Oceanography, der American Geophysical Union, der American Association for the Advancement of Science, der American Geochemical Society und des National Academy of Sciences’ Committee on Oceanography sowie Gründungsmitglied der Marine Technology Society. Koczy verstarb im April 1967 während eines Aufenthaltes als Gastprofessor an der Universität von Hawaii. Die Rosenstiel School of Marine and Atmospheric Science in Miami vergibt das Koczy Fellowship (zuvor Koczy Prize) zur Unterstützung von Doktorant/inn/en.


Schriften (Auswahl)


  • Friedrich Koczy, Heliumbestimmungen an Steinsalz und Sylvin, Dissertation, Universität Wien 1938.
  • Ders., Heliumbestimmungen an Steinsalz und Sylvin (Mitteilungen des Institutes für Radiumforschung 427), in: Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse, Abt. 2a, Bd. 148, Wien 1939, 89–105.
  • Fabius Gross – ders., Photometric Measurements of the Growth of Phytoplankton Cultures (Meddelanden från Oceanografiska Institutet i Göteborg 10, Göteborgs Kungliga Vetenskaps- och Vitterhets-Samhälles Handlingar F. 6, Ser. B: Matematiska och naturvetenskapliga skrifter 5, 2), Göteborg 1946.
  • Frederick M. Bayer – C. P. Idyll – James I. Jones – ders. et al. (Hg.), Proceedings of the International Conference on Tropical Oceanography, November 17–24, 1965, Miami Beach, Florida, The Friedrich Frans Koczy Memorial Volume (= Studies in Tropical Oceanography 5), Miami 1967.


Quellen und Literatur (Auswahl)


    • Archiv der ÖAW, Bestand Institut für Radiumforschung.
    • Archiv der Universität Wien, Phil. Rig. Akt 13894; Phil. Fak. Nationale WS 1933/34 (1. Sem.) – SS 1938 (10. Sem.); Senat S 127.9, Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft deutschblütiger Emigranten und jüdischer Doktoren, Entstehungszeitraum: 1942–1945, Kt. 94.
    • Wiener Stadt- und Landesarchiv, Meldeauskunft, Friedrich Koczy.
    • Akademie der Wissenschaften in Wien, Almanach f. d. J. 1937–1939.
    • Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933, hg. vom Institut für Zeitgeschichte, München, und von der Research Foundation for Jewish Immigration, New York unter der Gesamtleitung von Werner Röder und Herbert A. Strauss, Bd. 2: The Arts, Sciences, and Literature, München [u.a.] 1983, 637.
    • Michael Hepp (Hg.), Die Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger 1933–45 nach den im Reichsanzeiger veröffentlichten Listen / Expatriation Lists as Published in the „Reichsanzeiger“ 1933–45 1: Listen in chronologischer Reihenfolge / Lists in Chronological Order, München 1985, 596–598, hier: 597.
    • Kurt Hoselitz, Zeitzeuge, in: Friedrich Stadler (Hg.), Vertriebene Vernunft II. Emigration und Exil österreichischer Wissenschaft (= Emigration – Exil – Kontinuität. Schriften zur zeitgeschichtlichen Kultur- und Wissenschaftsforschung 2), Münster 22004, 744–750, hier: 745.
    • Ernst Walter Kellermann, A Physicist’s Labour in War and Peace. Memoirs 1933–1999, Peterborough 2004, 34.
    • Gilbert L. Maton et al., The Marine Technology Society: Highlights of 25 Years of Service, in: Marine Technology Society Journal 22, 1 (1988), 58–63, hier: 58.
    • Proceedings of the American Society of Limnology and Oceanography, Inc., in: Limnology and Oceanography 13, 1 (1968), 209–210, hier: 209.
    • Oliver Rathkolb – Theodor Venus, Reichsbankanstalten 1938–1945 am Beispiel der Reichsbankhauptstelle Wien, Wien 2013, 25.
    • Robert W. Rosner – Brigitte Strohmaier, Biographischer Abriss, in: Robert W. Rosner – Brigitte Strohmaier (Hg.), Marietta Blau – Sterne der Zertrümmerung. Biographie einer Wegbereiterin der modernen Teilchenphysik (= Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftsforschung 3), Wien–Köln–Weimar 2003, 63, 98.


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