GEDENKBUCH

für die Opfer des Nationalsozialismus
an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Fassade und Siegel der Akademie der Wissenschaften. Bild: ÖNB-Bildarchiv, Sign. L 32.608-C bzw. Siegelsammlung des Archivs der ÖAW

Elisabeth Przibram


geb. am 26. März 1890 in Cottbus, gest. am 21. Mai 1944 im Ghetto Theresienstadt (Terezín, Tschechische Republik)

Elisabeth Margarete Przibram arbeitete nachweislich 1938 an der Biologischen Versuchsanstalt (BVA) der Akademie der Wissenschaften in Wien. Nach dem „Anschluss“ wurde sie aus rassistischen Gründen verfolgt und konnte ihre Tätigkeit an der Akademie nicht mehr fortsetzen. Przibram wurde 1943 in das Ghetto Theresienstadt verschleppt und nahm sich dort 1944 das Leben.

Przibram wurde als Tochter von Robert Ruhmann (1864–1942, Wien) und seiner Frau Klara, geb. Klein (1866–1942, Ghetto Izbica, Polen), in Cottbus geboren. Sie heiratete 1911 den Physiologen Friedrich Wilhelm Fröhlich (1879–1932), nach dessen Tod in zweiter Ehe 1935 den Wiener Zoologen, Mitbegründer und Leiter der Biologischen Versuchsanstalt Hans Przibram. Elisabeth Przibrams Mitarbeit geht lediglich aus der nach dem „Anschluss“ von der Akademie erstellten „Liste der Arbeitenden“ der BVA hervor. Die Art ihrer Tätigkeit an der von ihrem Mann geleiteten Zoologischen Abteilung ist bislang unbekannt.

Am 13. April 1938 wurde die BVA vorübergehend geschlossen. Ab der Wiedereröffnung am 26. April war der Zutritt nur noch für die „inzwischen auf Ansuchen mit Zulassungsscheinen beteilten Arbeitenden“ möglich, so die Mitteilung in einem Schreiben des designierten Akademiepräsidenten Heinrich Srbik (1878–1951) und des kommissarischen Rektors der Universität Wien Fritz Knoll (1883–1981), der mit der „Wahrnehmung der Interessen der Landesleitung der NSDAP für die Akademie der Wissenschaften“ betraut worden war. Damit wurde jüdischen Forschenden spätestens mit 13. April 1938 der Zutritt zur BVA praktisch verweigert.

Der letzte Wohnsitz des Paares in Wien war in der Hietzinger Hauptstraße 122. Im Dezember 1939 flüchteten Elisabeth und Hans Przibram in die Niederlande, wo sie lediglich bis zum Einmarsch der deutschen Wehrmacht im Mai 1940 in Sicherheit waren. Ob ihre Tochter aus erster Ehe, Marie Fröhlich (geb. 1927), mitreiste, ist nicht gesichert, vermutlich wurde sie 1938 mit einem Kindertransport nach Großbritannien geschickt. Przibram wurde am 21. April 1943 gemeinsam mit ihrem Mann aus dem zentralen Deportationszentrum in Amsterdam, der Hollandsche Schouwburg, in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Hans Przibram hatte zuvor vergeblich versucht, Ausreisegenehmigungen und Visa für die USA zu beschaffen. Unmittelbar nach dem Tod ihres Mannes am 20. Mai 1944 tötete sich Elisabeth Przibram durch die Einnahme von Gift.


Quellen und Literatur (Auswahl)


    • Archiv der ÖAW, NL Fritz Knoll, K. 1, Mappe 2, Konv. „Akten (1935)1938“ („Liste der Arbeitenden“).
    • Karl Przibram, Hans Przibram, in: Neue Österreichische Biographie ab 1815. Große Österreicher 13, Zürich–Leipzig–Wien 1959, 184–191.
    • Klaus Taschwer, Vertrieben, verbrannt, verkauft und vergessen, in: derStandard.at, 19.2.2013.
    • Klaus Taschwer, Vertrieben, verbrannt, verkauft, vergessen und verdrängt. Über die nachhaltige Vernichtung der Biologischen Versuchsanstalt und ihres wissenschaftlichen Personals, in: Johannes Feichtinger – Herbert Matis – Stefan Sienell – Heidemarie Uhl (Hg.), Die Akademie der Wissenschaften in Wien 1938 bis 1945. Katalog zur Ausstellung, Wien 2013, 105–115, hier: 111.
    • Klaus Taschwer, Ein tragischer Held der österreichischen Wissenschaft, in: derStandard.at, 05.02.2014.
    • Klaus Taschwer, Hochburg des Antisemitismus. Der Niedergang der Universität Wien im 20. Jahrhundert, Wien 2015, 231, 232, 233, 256.


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