GEDENKBUCH

für die Opfer des Nationalsozialismus
an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Fassade und Siegel der Akademie der Wissenschaften. Bild: ÖNB-Bildarchiv, Sign. L 32.608-C bzw. Siegelsammlung des Archivs der ÖAW

Ernst Theodor Brücke, kMI 1922


geb. am 8. Oktober 1880 in Wien, gest. am 12. Juni 1941 in Boston (MA, USA)

Ernst Theodor Brücke wurde 1922 zum korrespondierenden Mitglied im Inland (kMI) der Akademie der Wissenschaften in Wien gewählt. Nach dem „Anschluss“ wurde er aus rassistischen Gründen verfolgt und 1939 von der Akademie ausgeschlossen. Der Physiologe emigrierte im selben Jahr in die USA.

Brücke wurde als Sohn des Hofrates am Oberlandesgericht Wien Theodor Brücke und seiner Frau Emilie (geb. 1853), geb. Wittgenstein, in Wien geboren. Sein Großvater war der bedeutende Physiologe Ernst Wilhelm von Brücke (1819–1892). Ernst Theodor Brücke studierte Medizin an den Universitäten Wien und Leipzig und promovierte im Jahr 1904 in Wien. 1905 erhielt er eine Stelle als Assistent am Physiologischen Institut der Universität Leipzig, geleitet von Ewald Hering (1834–1918). Im Jahr 1908 habilitierte sich Brücke im Fach Physiologie mit seiner Studie „Über die Beziehungen zwischen Aktionsstrom und Zuckungen des Muskels im Verlaufe der Ermüdung“. 1915 wurde er in Leipzig zum ao. Professor ernannt, und 1916 als o. Professor für Physiologie und Vorstand des Physiologischen Instituts an die Universität Innsbruck berufen. Im Studienjahr 1926/27 war er Rektor dieser Universität. Brücke leistete im Bereich der Neurobiologie bzw. der Nerven- und Muskelphysiologie Pionierarbeit. Er wurde im Jahr 1922 zum korrespondierenden Mitglied im Inland (kMI) der Akademie der Wissenschaften in Wien gewählt. Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle an der Saale wählte ihn 1925 zum Mitglied.

Wegen seiner jüdischen Herkunft wurde Ernst Theodor Brücke am 14. April 1938 von der Universität Innsbruck auf Druck der nationalsozialistischen Studentenschaft entlassen.

Die Akademie der Wissenschaften teilte Brücke am 4. Mai 1939 mit, dass seine Mitgliedschaft aufgrund eines Erlasses des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom Februar 1939 erloschen sei.

Brücke konnte 1939 in die USA emigrieren, wo er am Laboratorium von A. Forbes an der Harvard University, Cambridge seine Forschungen fortsetzte. Er verstarb im Jahr 1941 in Boston.


Schriften (Auswahl)


  • Ernst Theodor Brücke, Über die Beziehungen zwischen Aktionsstrom und Zuckungen des Muskels im Verlaufe der Ermüdung, in: Archiv für die gesamte Physiologie des Menschen und der Tiere 124, 3–5 (1908), 215–245.
  • Ders., Vom biologischen Sinne des Sportes. Akademische Rede, gehalten bei der Übernahme des Rektorates an der Universität Innsbruck am 22. November 1926, in: Wiener klinische Wochenschrift 39, 48 (1926) (Sonderabdruck).
  • Ders., Allgemeines über Tatsachen u. Probleme d. Physiol. nervöser Systeme, in: Handbuch der Physiologie IX (1929).


Quellen und Literatur (Auswahl)


    • Archiv der ÖAW, Personalakt.
    • Archiv der Society for the Protection of Science and Learning, Bodleian Library, University of Oxford (File 474/1).
    • Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933, hg. vom Institut für Zeitgeschichte, München, und von der Research Foundation for Jewish Immigration, New York unter der Gesamtleitung von Werner Röder und Herbert A. Strauss, Bd. 2: The Arts, Sciences, and Literature, München [u.a.] 1983, 161.
    • A. Jarisch, Ernst Theodor v. Brücke, in: Ergebnisse der Physiologie, biologischen Chemie und experimentellen Pharmakologie 45, 1 (1944), 1–11.
    • Herbert Matis, Ausschluss von Mitgliedern, in: Johannes Feichtinger – Herbert Matis – Stefan Sienell – Heidemarie Uhl (Hg.), Die Akademie der Wissenschaften in Wien 1938 bis 1945. Katalog zur Ausstellung, Wien 2013, 55–62.
    • F.[erdinand] Scheminzky, k.M. Ernst Theodor Brücke, in: Akademie der Wissenschaften in Wien. Almanach f. d. J. 1945, 95. Jg., Wien 1947, 393–398.
    • Ernst August-Seyfarth, Ernst Theodor Brücke (1880–1941): „Was ich anfangen soll, wenn ich nicht hier weiter arbeiten kann, beschäftigt mich sehr“, in: Neuroforum 1 (1997), 32–33.


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