Di, 08.05.2018 13:30

Das elektronische Petitionssystem des Deutschen Bundestags als Gegenstand der Technikfolgenabschätzung – Ergebnisse, Wirkungen, Einsichten

ITA-Seminar, Ulrich RIEHM (ehem. KIT-ITAS und TAB)

Das deutsche Petitionsrecht ist ein Schutz- und Beteiligungsrecht mit einer langen Tradition, das Verfassungsrang genießt. Es bietet einen niedrigschwelligen Zugang zum Parlament und der Exekutive, ist aber durchsetzungsschwach.

2005 hat der Deutsche Bundestag sein Petitionsverfahren modernisiert. Er öffnete das Verfahren für das Internet, in dem nun Petitionen elektronisch eingereicht, unterstützende Mitzeichnungen auf der E-Petitionsplattform gesammelt und die Petitionen in Onlineforen diskutiert werden konnten. Mindestens genauso wichtig ist der damit im Zusammenhang stehende Schritt, dass Petitionen auf der Petitionsplattform des Deutschen Bundestages veröffentlich werden und dass die Ausschussmitglieder einzelne Petitionen mit den Petenten auf öffentlichen Ausschusssitzungen diskutieren können.
Das TAB begann seine Untersuchungen im Auftrag des Petitionsausschusses bereits mit dem zweijährigen Modellversuch und führte sie dann nach dem Übergang in den Routinebetrieb weiter. Sie umfassten ein breites Spektrum von Fragestellungen, etwa nach denen der Nutzungsfreundlichkeit des jeweiligen Softwaresystems, den Bewertungen und Wünschen der Petenten bis zu den Veränderungen, die durch das neue Verfahren hervorgerufen wurden.

Eine in der Politikwissenschaft wie auch in der Forschung zu (elektronischen) Partizipationsverfahren zentrale Frage ist die nach der sozialen Zusammensetzung der Beteiligten. Hierzu konnte in den Untersuchungen des TAB nicht nur ein Vergleich zwischen den NutzerInnen des herkömmlichen und des neuen, elektronischen Verfahrens gezogen, sondern auch Veränderungen im Zeitablauf verfolgt werden. Besonders interessant war die Fragestellung, ob die soziale Selektivität, die auch im Petitionsverfahren festzustellen ist, sich im Verlauf eines Petitionsverfahrens, das über verschiedene Stadien erfolgt, zunimmt, konstant bleibt oder sich gar reduziert.

Eine weiterer Aspekt, der im Vortrag aufgegriffen werden soll, ist der nach dem Zusammenspiel von Petitionsausschuss als Auftraggeber und TAB als Auftragnehmer, also den Möglichkeiten unabhängiger Forschung, sowie dem „impact“, den die TAB-Studie auf die Entwicklung des Petitionsverfahrens beim Deutschen Bundestag und darüber hinaus gezeitigt hat.

Dipl.-Soz. Ulrich Riehm war (bis zu seiner Pensionierung 2017) wissenschaftlicher Mitarbeiter am KIT-ITAS sowie am TAB – Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (von 2005 bis 2012).

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André Gazsó