16.10.2019

WAS VERKEHRSUNFÄLLE WELTWEIT KOSTEN

Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften hat die ökonomischen Kosten von Straßenverkehrsunfällen errechnet – und das in 166 Ländern.

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Verkehrsunfälle gehören zu den zehn häufigsten Todesursachen weltweit. Sie verursachen viel menschliches Leid und schwerwiegende Verluste. Neben den Einschnitten, die sie bei Betroffenen und Angehörigen hinterlassen, haben sie auch ökonomische Auswirkungen, sowohl für Einzelne als auch für die gesamte Volkswirtschaft. 

Welchen makroökonomischen Schaden Straßenverkehrsunfälle weltweit auslösen, hat ein internationales Forschungsteam aus Demograph/innen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) zusammen mit Kolleg/innen der Universitäten Heidelberg und Hohenheim, beide Deutschland, sowie der School of Public Health in Boston, USA, errechnet. Im Fachjournal „The Lancet – Planetary Health“ wird nun über die Ergebnisse berichtet.

Untergrenze an Verlusten in 166 Ländern berechnet

Anhand einer Simulationsanalyse, die die Ausgaben für unfallbedingte Arbeitsausfälle wie die Behandlungskosten und die damit verbundenen Verluste an Investitionen aus volkswirtschaftlicher Sicht berücksichtigen, wurden die Kosten für 166 Länder kalkuliert und miteinander verglichen. 

Dieses Modell liefere eine präzisere Berechnung der makroökonomischen Ausgaben als dies durch ein Aufaddieren der individuellen Behandlungskosten und Verdienstausfälle möglich ist, sagt ÖAW-Demograph und Ko-Autor Michael Kuhn. Mit dem Vorbehalt: „Wir berücksichtigen lediglich die durch Personenschäden bedingten Kosten, nicht aber das entstandene Leid. Insofern stellen unsere Berechnungen eine Untergrenze für die durch Straßenverkehrsunfälle entstandenen Wohlfahrtsverluste dar.

Österreich kosten Unfälle fünf Milliarden Dollar

Über einen Zeitraum von 2015 bis 2030 hinweg kalkulieren die Forscher/innen einen weltweiten Verlust von 1,8 Billionen US-Dollar, der durch Straßenverkehrsunfälle verursacht wird. Umgerechnet entspricht das einem Anteil von 0,12 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) oder 231 US-Dollar Pro-Kopf-Ausgaben. 

Für Österreich wurde für diesen Zeitraum ein Verlust von 5,359 Milliarden US-Dollar errechnet, was einem Anteil von 0,069 Prozent des BIP entspricht und 608 US-Dollar Pro-Kopf-Ausgaben. Zum Vergleich: In Deutschland machen die Belastungen 54,069 Milliarden US-Dollar aus, das sind 0,079 Prozent des BIP und 657 US-Dollar Pro-Kopf-Ausgaben.

Starke globale Ungleichverteilung 

Eine starke globale Ungleichverteilung stellt das Forschungsteam im Hinblick auf die Verluste menschlichen Lebens und die rein ökonomischen Kosten fest: Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen tragen 90 Prozent der Verluste an Leben und Gesundheit, während die ökonomischen Verluste dort knapp 50 Prozent ausmachen. In Ländern mit hohem Einkommen spielen hingegen Behandlungskosten mit 31,5 Prozent eine deutlich höhere Rolle, als in Ländern mit niedrigem Einkommen, wo sie 3,9 Prozent betragen und der Ausfall an Arbeitskraft dominiert. 

Mehr Prävention, effizientere Unfallsversorgung

Für Ko-Autor Kuhn illustriert diese Ungleichverteilung die Bedeutung der gesundheitlichen Versorgung bei der Linderung von Unfallfolgen in Ländern mit höheren Einkommen. Kuhn: „Während eine Prävention von Unfällen grundsätzlich die makroökonomischen Kosten reduziert, so dürfte es für Entwicklungsländer sinnvoll sein, einen Teil der Kosten entfallener Arbeit – ganz zu schweigen von dem mit Verletzung und Tod einhergehenden individuellen Leid – durch eine verbesserte Unfallmedizin zu reduzieren. In Ländern mit hochentwickelten und kostspieligen Gesundheitssystemen hingegen wäre zu prüfen, ob sich die mit Unfällen verbundenen medizinischen Kosten durch eine effizientere Unfallversorgung reduzieren lassen.“

 

Pressegrafik

Publikation

"The global macroeconomic burden of road injuries: estimates and projections for 166 countries", Simiao Chen, Michael Kuhn, Klaus Prettner, David E. Bloom, The Lancet - Planetary Health, 2019 (Open Access)
DOI: 10.1016/S2542-5196(19)30170-6

Rückfragehinweis

Sven Hartwig
Leiter Öffentlichkeit & Kommunikation
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Dr. Ignaz Seipel-Platz 2, 1010 Wien
T +43 1 51581-1331
sven.hartwig(at)oeaw.ac.at

Wissenschaftlicher Kontakt:
Michael Kuhn
Institut für Demographie
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Welthandelsplatz 2, 1020 Wien
T +43 1 313 36-7742
michael.kuhn(at)oeaw.ac.at