02.02.2023

Interview: Was haben wir aus der Corona-Krise für die Politikberatung gelernt?

Alexander Bogner, Ko-Autor der „Wiener Thesen zur Politikberatung“ und Soziologe am ITA, meint im Interview mit Radio Ö1: „Wissenschaft soll die Eigenständigkeit der Politik ermöglichen“

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Anlässlich des Joint Academy Day der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Leopoldina am 1. Februar 2023, in dessen Rahmen die „Wiener Thesen“ zu einer erfolgreichen wissenschaftlichen Politikberatung vorgestellt und diskutiert wurden, betont der ITA-Soziologe Alexander Bogner im Ö1-Mittagsjournal die Wichtigkeit einer selbständigen Politik, die auf wissenschaftlichen Rat vertraut.

Bogner ist Autor des Buches „Die Epistemisierung des Politischen. Wie die Macht des Wissens die Demokratie gefährdet“ (Reclam) und Senior Scientist am Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) der ÖAW. Im Ö1-Interview resümiert er die Rolle der Politikberatung in der Pandemie.

„Wissenschaftliche Politikberatung hat sich in Österreich in erstaunlich kurzer Zeit professionalisiert, der Höhepunkt war die Einrichtung der Gecko-Kommission im Dezember 2021. Das war der Versuch, Beratung zu zentralisieren, damit die Politik einen einheitlichen Ansprechpartner hat. Dabei gab es aber auch Probleme, und zwar von beiden Seiten“, meint Bogner im Interview.

Einerseits hätte die Politik wissenschaftliche Empfehlungen teilweise instrumentalisiert, um vorgefasste Entscheidungen zu legitimieren. „Auf der anderen Seite haben wir aber auch erlebt, dass die Wissenschaft begann, Politik zu betreiben. Wenn Empfehlungen als politische Appelle formuliert werden, ist dies ebenfalls problematisch“, so Bogner.

Letztlich ginge es aber darum, aus Fehlern zu lernen, meint er. Die Wiener Thesen zur Politikberatung sollen Richtlinien zur Reflektion bieten: „Das heißt auch, dass die Wissenschaft dafür sorgen soll, dass der Politik nicht alle Begründungslasten abgenommen werden. Die Politik soll darstellen, warum sie sich aufgrund welcher Überlegungen zu welcher Maßnahme entschlossen hat.“

Eine evidenzbasierte Politik sei auch in anderen Belangen wie etwa Bildung oder Migration empfehlenswert, so Bogner.

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