23.10.2017

Wanted: Flexible Elektronik

Faltbare Displays, einrollbare Handys und transparente Photovoltaik: Wir haben viele Wünsche an eine smarte Zukunft. Megan Cordill, Materialforscherin an der ÖAW, trägt dazu bei, flexible Elektronik in greifbare Nähe zu rücken.

ÖAW-Forscherin Megan Cordill mit dem „Confocal Laser Scanning Microscope“ © ÖAW/Klaus Pichler
ÖAW-Forscherin Megan Cordill mit dem „Confocal Laser Scanning Microscope“ © ÖAW/Klaus Pichler

Damit wir zukünftig unsere Tablets oder Smartphones ganz einfach zusammenlegen und in die Hosentasche stecken können, müssen zuvor einige technische Hürden überwunden werden. Die Materialien, die für diese flexiblen und leichten elektronischen Geräte verwendet werden sollen, sind sogenannte Dünnfilme auf Polymersubstraten. Und solche Dünnfilme stehen am Erich-Schmid-Institut für Materialwissenschaft der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Leoben auf dem wissenschaftlichen Prüfstand.

Megan Cordill, seit 2011 Gruppenleiterin am Institut, testet und vergleicht, wie die nano- bis mikrometerdünnen Filme aus Metall oder Keramik auf Belastungen reagieren. Seit kurzem tut sie das mit einem ganz besonderen Mikroskop, einem sogenannten „Confocal Laser Scanning Microscope“.

Die dritte Dimension im Blick

Denn mit so einem Mikroskop erhält man nicht nur zweidimensionale Bilder der Dünnfilme, sondern kann auch die räumlichen Charakteristika der Filme abbilden. Im Zuge des Mikroskopierens wird die Oberfläche mit einem Laser sehr schnell gerastert, und kleinste Aufwölbungen, Vertiefungen oder Risse werden dann in Farbschattierungen übersetzt. Eine räumlich präzise Auflösung von Materialfehlern nach Belastung war mit den früher gebräuchlichen Elektronenmikroskopen nicht möglich.

Einerseits konnte man prinzipiell nur relativ kleine und aufwändig präparierte Proben mit dem Elektronenmikroskop untersuchen. „Der gravierendste Nachteil war aber, dass die Informationen der dritten Dimension verloren gingen“, so Cordill. Im Rahmen der ÖAW-weiten kompetitiven Ausschreibung „New Frontiers Research Infrastructure Programme“ konnte sie nun die nötigen Mittel für das neue Mikroskop einwerben.

Am Institut wird getestet und verglichen, wie nano- bis mikrometerdünne Filme aus Metall oder Keramik auf Belastungen reagieren.

­Dünnfilme sind heutzutage fast überall zu finden. Für ihre Anwendungen in flexibler Mikroelektronik sind sie aber aktuell noch zu spröde, vor allem in Kombination mit den flexiblen Polymersubstraten. „Dehnung und Stauchung beim Zusammenrollen würden die heutigen Dünnfilme noch nicht aushalten“, erklärt Cordill. Deshalb sind standardisierte Belastungstests ein wichtiger Schritt zur Entwicklung der neuen Technologie.

Dünnfilme sollen später als dehnbare Leiterbahnen eingesetzt werden, die auch ein biegsames Display derart präzise mit Strom versorgen, dass Pixel für Pixel des Gesamtbildes berechnet werden kann. Die Schwierigkeit dabei ist, geeignete Materialien für die Leiterbahnen zu finden, die Dehnung und Biegung aushalten und dabei nicht die Fähigkeit verlieren, den elektrischen Strom zu leiten.

Dünner als ein menschliches Haar

Megan Cordill und ihr Team am Leobener ÖAW-Institut testen potenzielle Kandidaten für Leiterbahnen auf ihr mechanisches Verhalten unter Belastung. Die Dünnfilme können aus Gold, Silber, Kupfer, Aluminium, Molybdän, Titan, Chrom, oder auch der stromleitenden Keramik Zinnoxid sein und sind fünf- bis zehntausend Mal dünner als ein menschliches Haar, also zwischen 10 und 500 Nanometer dick. Im Verlauf der Tests durchlaufen sie zahlreiche Belastungszyklen. Unter dem neuen „Confocal Laser Scanning Microscope“ zeigen sich dann die Verformungen.

Unter dem neuen Mikroskop zeigen sich Verformungen von belasteten Materialien, die fünf- bis zehntausend Mal dünner sind als ein menschliches Haar.

Zu Beginn sind die Filme üblicherweise glatt, nach 150 Zyklen treten an der Oberfläche erste Spuren mechanischer Verformung auf, während das elektrische Verhalten noch intakt ist. Nach 1.000 Zyklen aber erkennt man deutlich mehr mechanische Deformationen und Risse, welche die elektrische Leitfähigkeit bereits vermindern. Das Ausmaß der Verformung wird in unterschiedlichen Farbschattierungen dargestellt.

„Das neue Mikroskop ist einfach fantastisch. Es erleichtert und beschleunigt unsere Arbeit enorm“, kommt Megan Cordill ins Schwärmen. Die gebürtige Amerikanerin schätzt aber nicht nur die wissenschaftlichen Möglichkeiten am Erich-Schmid-Institut, sondern auch das Leben im steirischen Leoben: „Ich komme von einer Farm in Washington State und ich mag kleine Städte wie Leoben. Ich genieße es deshalb sehr hier zu arbeiten.“ Alles in allem also beste Voraussetzungen dafür, dass flexible Elektronik in greifbare Nähe rückt.

 

Megan Cordill ist seit 2007 am Institut für Materialwissenschaft der ÖAW tätig, wo sie eine Forschungsgruppe leitet. Sie lehrt zudem an der Montanuniversität Leoben.

Institut für Materialwissenschaft der ÖAW