14.09.2018

UNESCO NIMMT DIALEKT-AUFNAHMEN DER ÖAW IN „GEDÄCHTNIS DER MENSCHHEIT“ AUF

Die „Tonaufnahmen österreichischer Dialekte 1951-1983“ der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sind neuester Bestandteil des „Memory of Austria“-Registers der UNESCO. Die Dialekt-Aufzeichnungen stellen ein einzigartiges kulturelles Zeugnis der vielfältigen sprachlichen Vergangenheit Österreichs dar.

© Phonogrammarchiv
HÖRBEISPIELE UND PRESSEBILD

Der älteste umfassende Tonbandbestand zu den österreichischen Dialekten ist zugleich der jüngste Neuzugang im UNESCO-Verzeichnis zum Gedächtnis Österreichs: Am 14. September 2018 wurden die „Tonaufnahmen österreichischer Dialekte 1951-1983“ des Phonogrammarchivs der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) feierlich in das nationale Register des UNESCO-Programms „Memory of the World“/„Gedächtnis der Menschheit“ aufgenommen. Die Tonbandsammlung mit 1748 Einzelaufnahmen und einer Gesamtdauer von 251 Stunden gilt vor allem in der Sprachforschung als wissenschaftlich bisher kaum erschlossener Schatz. Zugleich erlauben die jeweils 2- bis 6-minütigen Tonaufzeichnungen von Dialektsprecher/innen einzigartige Einblicke in die vielfältigen sprachlichen Welten sowie in das sozial- und kulturgeschichtliche Lebensumfeld der Österreicher/innen ab Mitte des 20. Jahrhunderts.

„Die Aufnahme der Sammlung in das nationale Register des UNESCO-Dokumentenerbes ist eine große Auszeichnung“, sagt Helmut Kowar, Direktor des Phonogrammarchivs der ÖAW. „Gemeinsam mit der 2014 bereits in das Verzeichnis aufgenommenen Volkslieder-'Sammlung Kotek' unterstreicht sie, welchen Stellenwert audiovisuelle Dokumente für das kulturelle Erbe Österreichs und für die Identität seiner Bevölkerung haben.“

Aufnahmen aus der unmittelbaren Lebenswelt

Die Tonbandaufnahmen österreichischer Dialekte entstanden ab den frühen 1950er Jahren, als unter der Ägide der Dialektologin Maria Hornung Sprachforscher/innen der Kommission für Mundartkunde und Namensforschung in Zusammenarbeit mit dem Phonogrammarchiv der ÖAW die Erstellung der ersten flächendeckenden Audio-Sammlung der in Österreich gesprochenen Dialekte in Angriff nahmen. Ausgestattet mit einfachen Aufnahmegeräten bereisten sie in einem Zeitraum von knapp drei Jahrzehnten unterschiedlichste Orte in sämtlichen Bundesländern Österreichs, um mit einer Vielzahl originaler Dialektsprecher/innen einerseits standardisierte Fragebögen abzuarbeiten und die Specher/innen andererseits bei der freien Rede aufzunehmen.

Die auf diese Weise entstandenen Aufnahmen bildeten das breiteste Spektrum an heimischen Dialekten ab, das von sprachlichen Traditionen aus Bergtälern in Vorarlberg über Varietäten des Steirischen bis hin zu Ausprägungen des Wienerischen in einzelnen Bezirken reichte. Inhaltlich zur Sprache kamen in den Aufzeichnungen sowohl Aspekte des gegenständlichen und geistigen kulturellen Umfelds, traditionelle Erzählungen wie Märchen sowie viele andere Themen aus den Lebenswelten der Aufgenommenen.

Der Wert dieser Aufzeichnungen ist für die Wissenschaften somit in vielerlei Hinsicht groß. Das möglicherweise größte Potenzial zeigen die Tonaufnahmen dabei als Primärquelle im Bereich der Linguistik. „Das Bewahren von Dialekten ist schwierig, da sie immer im Fluss sind und man gerade die gelebte Alltagssprache kaum einfrieren kann“, erläutert Sprachwissenschaftler Christian Huber. „Umso aufschlussreicher sind diese Aufzeichnungen, da sie derartige Momentaufnahmen aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlauben“, so der ÖAW-Forscher weiter.

Teil des kulturellen Erbe Österreichs

Das wissenschaftliche Potenzial auch dank moderner, digitaler Methoden zu heben, peilen die Wissenschaftler/innen als nächstes Ziel an. Geplant ist, in Kooperation mit dem Austrian Centre for Digital Humanities der ÖAW und dem Spezialforschungsbereich Deutsch in Österreich eine Digitalisierung und Nutzbarmachung der Dialektaufnahmen für wissenschaftliche Forschungszwecke sowie für die interessierte Öffentlichkeit zu starten. Nach der Aufnahme der Sammlung in das UNESCO-Register stehen die Zeichen gut, dass der lange vergessene Tonband-Schatz damit wieder seinen Platz im Bewusstsein des kulturellen Erbes Österreichs einnimmt.

 

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