12.06.2012

START-Preise für Julia Budka und Kaan Boztug

Großer Erfolg für ÖAW-Nachwuchswissenschaftler(innen)


Julia Budka und Kaan Boztug sind zwei der sieben am 12. Juni 2012 in das prestigeträchtige START-Programm des Wissenschaftsfonds FWF aufgenommenen Spitzen-Nachwuchsforscher(innen). Sie werden ihre START-Projekte an Forschungseinrichtungen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) durchführen. Der START-Preis ist die höchste nationale Auszeichnung für Nachwuchswissenschaftler(innen) und bietet ihnen die Möglichkeit, ihre Forschungsarbeiten zu planen und eine eigene Arbeitsgruppe auf- bzw. auszubauen. Die START-Projekte sind mit jeweils bis zu 1,2 Millionen Euro für die Dauer von sechs Jahren dotiert.

Im Spannungsfeld antiker Grenzen und Kulturen

Die Ägyptologin Julia Budka, derzeit Universitätsassistentin am Institut für Ägyptologie der Universität Wien wird ihr START-Projekt "Im Spannungsfeld antiker Grenzen und Kulturen. Siedlungsstrukturen in Ägypten und Obernubien im 2. Jahrtausend v. Chr." an der Kommission für Ägypten und Levante der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) durchführen.

"Wir freuen uns sehr, dass mit diesem Projekt die alte Tradition der Nubien-Forschung an der Kommission für Ägypten und Levante der ÖAW wieder aufgegriffen und in moderner Form fortgeführt wird und gratulieren Julia Budka zu dieser Auszeichnung", betont der Obmann der Kommission, Manfred Bietak.

Gegenstand des Projekts sind Siedlungsstrukturen in Ägypten und Nubien (heutiger Nordsudan) im 2. Jahrtausend v. Chr. Diese Gebiete liegen im Spannungsfeld antiker und moderner Grenzen und Kulturen und standen in wechselhaften Beziehungen zueinander. Die Architektur und Struktur ägyptischer Siedlungen, die in Nubien während des Neuen Reichs (ca. 1539-1077 v. Chr.) neu gegründet wurden, sind ebenso unerforscht wie die soziale Stratifizierung und materielle Kultur der Fundplätze. Besonderes Potenzial bieten diese Städte außerhalb Ägyptens nicht nur aufgrund ihres exzellenten Erhaltungszustandes, sondern auch da dort pharaonische Lebenskultur auf eine lokale, nubische Tradition traf. Heute aktuelle Fragestellungen rund um Integration und Akkulturation können an diesen antiken Beispielen thematisiert werden - etwa wie die einheimische Bevölkerung mit den fremden Einflüssen umgegangen ist und wie sich Ägypter im Ausland präsentiert haben. Das Projekt hebt die aktuelle Dringlichkeit von Siedlungsarchäologie für die Ägyptologie hervor, um direktere Zeugnisse vergangener, komplexer Lebenswelten zu bekommen.

Die inter- und multidisziplinären Methoden und Techniken sowie die unterschiedlichen Fragestellungen prädestinieren das Vorhaben als modernes Paradebeispiel, wie archäologische Forschungstätigkeit im Fach Ägyptologie gezielt intensiviert werden kann. Ein besseres Verständnis ägyptischen Alltagsleben, wobei scheinbar klare Grenzen zwischen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen neu beleuchtet werden, wird außerdem in mancher Hinsicht helfen, noch heute aktuelle Phänomene beim Zusammentreffen verschiedener Kulturen zu erkennen. Julia Budka hat an der Universität Wien promoviert und 2003 ein DOC-Stipendium der ÖAW erhalten. Von 2004 bis 2011 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Integrative Genetik kongenitaler Defekte der angeborenen Immunität

Der Mediziner Kaan Boztug, Principal Investigator am CeMM - Forschungsinstitut für Molekulare Medizin der ÖAW und Gastprofessor an der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde der Medizinischen Universität Wien erhält den START-Preis für sein Projekt "Integrative Genetik kongenitaler Defekte der angeborenen Immunität".

Giulio Superti-Furga, Wissenschaftlicher Direktor des CeMM: "Wir gratulieren Kaan Boztug zu der hohen Auszeichnung. Sie bestätigt unsere Strategie, jungen Top-Wissenschaftlern die Freiheit zu geben, sich wissenschaftlich zu entfalten, um die personalisierte Medizin der Zukunft mit zu gestalten." Die hierarchische Organisation des menschlichen Immunsystems ist trotz der Kenntnis einer Reihe von Einzelfaktoren in vielerlei Hinsicht unklar. Mit dem START Preis wird Kaan Boztug im Rahmen seiner Doppelaffiliation am CeMM und an der MedUni Wien ein umfassendes Forschungsprojekt zur Entschlüsselung der genetischen und funktionellen Ursachen seltener Erkrankungen durchführen. Der Fokus liegt dabei auf angeborenen Störungen des Immunsystems, den sogenannten primären Immundefekten. Die Identifikation der zugrundeliegenden genetischen Defekte ermöglicht die Definition von essentiellen Faktoren des Immunsystems. Dies erlaubt nicht nur eine umfassendere molekulare Klassifikation der entsprechenden Defekte, sondern kann vor allem auch zu einem unmittelbaren Nutzen für die Patienten im Sinne einer molekularen Diagnose und Prognose beitragen. Durch das Forschungsprojekt soll nicht zuletzt die Entwicklung zukünftiger, zielgerichteter Therapien wie gentherapeutischer Ansätze oder pharmakologischer Interventionen, die gezielt in die betroffenen Signalkaskaden eingreifen, ermöglicht werden. Univ.-Prof. Dr. Arnold Pollak, Vorstand der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde AKH: "Wir sind in unserer täglichen Praxis mit angeborenen Erkrankungen des Immunsystems konfrontiert, die wir häufig nicht zufriedenstellend behandeln können. Eine Einsicht in die genetischen Ursachen ermöglicht uns eine bessere Diagnose und langfristig hoffentlich neue Behandlungsmöglichkeiten."

Kaan Boztug hat das Studium der Medizin an den Universitäten Düsseldorf, Freiburg und London mit Auszeichnung absolviert und sich 2010 an der Medizinischen Hochschule Hannover habilitiert. Seit 2011 leitet er eine Forschungsgruppe am CeMM und ist als Gastprofessor an der an der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde der Medizinischen Universität Wien tätig. Kaan Boztug wurde unter anderem mit dem Ludwig-Heilmeyer-Preis der Universität Freiburg i. Br., dem Merit Award der American Society of Hematology (ASH) und dem Kind-Philipp-Preis für Leukämieforschung ausgezeichnet. Im Jahr 2011 erhielt er den Eva Luise und Hörst Köhler Forschungspreis für Seltene Erkrankungen sowie den Paul-Martini-Preis.


CeMM - Forschungsinstitut für Molekulare Medizin
Kommission für Ägypten und Levante


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