06.06.2013

Österreichische TA-Konferenz

Sicherheit und Überwachung: In Wien diskutierten am 3. Juni rund 80 ExpertInnen aus Deutschland, Schweiz und Österreich Phänomene unserer Zeit und ihre Auswirkungen auf das individuelle Sicherheitsgefühl unserer Gesellschaft.

Vor dem Kölner Dom veranstalten 1000 Menschen eine spontane Kissenschlacht – ein Spaßevent für die Öffentlichkeit, ein Alptraum für die Exekutive. Immer mehr Überwachungskameras zeichnen jeden unserer Schritte auf mit dem Ziel, uns „sicherer“ zu machen. Hacker loggen sich in die Computersysteme von Staaten und Unternehmen ein, um wertvolles Wissen abzuzapfen.

Sicherheit und Kontrolle, bzw. die Angst vor dem Verlust derselben, standen diesmal im Mittelpunkt der vom ITA veranstalteten 13. Österreichischen TA-Konferenz, die am 3. Juni an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften stattfand. Die Themen-Palette reichte von Nanotechnologien über Cyber- und urbaner Sicherheit bis hin zu einem Überblick über laufende EU-Projekte zum Thema Sicherheit und Überwachung. Einig waren sich die aus verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen stammenden Beteiligten über eines: Sicherheit ist nicht absolut, sie wird hergestellt und individuell unterschiedlich empfunden. Kritisch hinterfragt wurde die von Politik und Wirtschaft häufig verbreitete Annahme, das individuelle Sicherheitsgefühl könnte gezielt gesteuert werden. 

Wenn Vorbeugung zu High-Tech Überwachung wird
Die deutsche Technik-Philosophin Jutta Weber widmete ihre Keynote dem Trend zu High-Tech bei Sicherheitsstrategien. Besonders betonte sie, dass nicht mehr nur das Militär, sondern auch die Zivilgesellschaft mit immer neuen Sicherheitstechnologien konfrontiert sei. Als Beispiel nannte Weber das von der Stadt New York City in Auftrag gegebene Überwachungssystem DAS (Domain Awareness System). Dem DAS-System stehen die Videos der 3000 Überwachungskameras, 600 Strahlungsmessungsstationen und über 100 Kennzeichenlesegeräte der Stadt zur Auswertung von Daten zur Verfügung.

Cyberwar wird von Unternehmen und Staaten verschwiegen
Hacker sind die neuen Einsatzkräfte in modernen Konflikten. Der Diebstahl von Daten wird nicht nur auf staatlicher Ebene betrieben. Er ist auch für den Finanzsektor und die Wirtschaft ein permanentes Problem. Der Cyberwar-Experte Sandro Gaycken sprach in seiner Keynote von den enormen Ausmaßen dieses Phänomens. „Wenn ein Unternehmen verkündet, es habe keine Problem mit Hackern und gleichzeitig 600 IT-ExpertInnen beschäftigt, dann wirkt das unglaubwürdig“, so Gaycken. Jeder Computer könne theoretisch gehackt werden. „Wir beobachten vermehrt, dass Schwellenländer sich die Daten großer Unternehmen besorgen um teures Fachwissen nicht ankaufen zu müssen“.

In Europa sieht Gaycken ein Verantwortungsproblem: „Der sogenannte Multi-Stakeholder-Ansatz führt leider oft dazu, dass PolitikerInnen sich Entscheidungshilfe von der Industrie holen. Microsoft und Google sitzen in Europa somit mit am Tisch und beeinflussen die Debatte entsprechend. Je komplexer das Problem, desto schwieriger die Entscheidung“.

Sind Nanotechnologien nun sicher, oder nicht?
Ein weiterer Höhepunkt der diesjährigen Konferenz war die Diskussionsrunde rund um das Thema Nanosicherheit. An ihr nahmen u.a. der Sicherheits- und Qualitätsmanager Robert Piringer (AUVA), die deutsche Risikomanagerin Astrid Epp (BfR) und die Biotechnologin Eva Sinner (BOKU) teil.

In der sehr produktiven Gesprächsrunde zeichnete sich schnell ein Grundproblem ab:

Während die Behörden auf klare Aussagen aus der Wissenschaft reagieren wollen, ist es gerade bei Nanotechnologien nahezu unmöglich, zu eindeutigen Ergebnissen zu kommen: Für Sinner gibt es daher noch nicht genügend Material, um den Einfluss von Nano-Partikeln auf die Umwelt eindeutig festzustellen: „Wir haben Nano-Partikel jahrelang aus unterschiedlichsten Perspektiven untersucht. Dieselben Partikel reagieren nicht nur auf Umwelteinflüsse sondern auch in verschiedenen Stoffen jedes Mal anders.“ Astrid Epp betonte, die Anwendungen seien bei den VerbraucherInnen trotzdem bereits angekommen. Es gelte daher, über Regulierung und Kennzeichnung eventuelle Risiken zu vermeiden.

Auswirkungen auf Europas BürgerInnen
In der Session zur EU-Sicherheitsforschung wurden Projekte vorgestellt, welche Auswirkungen der technischen Entwicklung auf die europäischen BürgerInnen untersuchen. ITA-Experte Walter Peissl präsentierte die Ergebnisse des DESSI-Projekts: DESSI steht für Decision Support on Security Investment und soll EntscheidungsträgerInnen die Lösung von Sicherheitsproblemen durch mehr Transparenz und Vergleichsmöglichkeiten erleichtern. Sicherheitsinvestitionen beinhalten immer eine Wahl zwischen verschiedenen Lösungsansätzen. DESSI macht diese Auswahl transparent, indem es die Art des Sicherheitsproblems und alle alternativen Sicherheitsinvestitionen beschreibt und die Auswirkungen anhand verschiedener Dimensionen auswertet. 

Links
TA13 Programm (Download)
TA13 Konferenz-Seite
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Die Meldung finden Sie auch online unter www.oeaw.ac.at/ita/news/single/oesterreichische-ta-konferenz


Rückfragen an:
Sabine Stemberger und Denise Riedlinger
Institut für Technikfolgen-Abschätzung
Österreichische Akademie der Wissenschaften
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