22.05.2017

„IHRE IDEEN SIND GEFRAGT“

Die ÖAW hat 34 neue Mitglieder aufgenommen. Bei der feierlichen Übergabe ihrer Dekrete wurden sie und ihre vielfältigen Ideen an der Akademie begrüßt.

ÖAW Präsident Anton Zeilinger bei der Dekretübergabe an die neuen Mitglieder © ÖAW/ Niko Havranek
ÖAW Präsident Anton Zeilinger bei der Dekretübergabe an die neuen Mitglieder © ÖAW/ Niko Havranek

Führende Wissenschaftler/innen aus dem In- und Ausland und aus unterschiedlichen Disziplinen, wie Archäologie, Südasienkunde, Musikwissenschaft, Computerwissenschaft oder Epigenetik, die Wege zu einer zerstörungsfreien Archäologie in Stonehenge eröffnet haben, die den frühsten Organismen unserer Erde und den Geheimnissen unseres Erbguts auf den Grund gehen oder 2.000 Jahre alte Sanskrit-Handschriften erforschen – sie alle wurden am 18. Mai 2017 bei einer feierlichen Festveranstaltung als neue Mitglieder in die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) aufgenommen.

Mit Wissenschaft die Zukunft gestalten

„Es freut mich besonders, dass wieder Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus allen Disziplinen vertreten sind“, betonte denn auch ÖAW-Präsident Anton Zeilinger in seiner Begrüßungsrede. „Denn die Vielfalt der Fächer ist eine der großen Faszinationen unserer Institution“.

Zugleich erinnerte Zeilinger an die zentrale Aufgabe der Akademie, die Wissenschaft in jeder Hinsicht zu fördern: „Viel knapper und viel offener kann man es nicht definieren. Ich möchte Sie deswegen einladen an unserer Aufgabe mitzuwirken. Ihre Ideen sind gefragt. Es ist nichts unmöglich. Wenn Sie Vorschläge haben, wie man wichtige Fragen zur Gestaltung unserer Zukunft im 21. Jahrhundert lösen könnte, dann machen wir das.“

Missing Links der frühen Evolution

Welche Ideen das sein könnten, machten dann im Festsaal der Akademie zwei neu aufgenommene Mitglieder in ihren Vorträgen deutlich. Die Mikrobiologin Christa Schleper von der Universität Wien ist eine Pionierin der Archaea-Forschung und gab Einblicke in die Welt von Mikroorganismen, die die Fähigkeit besitzen in extremen Bedingungen zu leben, wie etwa bei 122 Grad Celsius, in Säure mit einem PH-Wert von Null oder in Salinen.

Archaea wurden früher auch Urbakterien genannt, weil in ihnen Merkmale des frühen Lebens auf der Erde enthalten sind. Für die Forschung sind sie deswegen hochinteressant, weil sie der Missing Link zur Frage sein könnten, wie es auf unserem Planeten zu der Entwicklung der komplexen Zellen und Lebewesen gekommen ist.

Quo Vadis Bits and Bytes?

Die Historikerin Katrin Keller wiederrum nützte die Gelegenheit, um in ihrem Vortrag die Nützlichkeit historischer Forschungen am Beispiel der medialen Revolution, die die Erfindung des Buchdrucks ausgelöst hat, zu veranschaulichen. Denn anfangs haben sich die ersten gedruckten Schriften noch am vorherrschenden Leitmedium Handschrift orientiert, so Keller. Und beide Techniken existierten noch Jahrhunderte lang nebeneinander und waren gleichermaßen wichtig.

Am Beispiel des „Medienwandels 1.0“ zeige sich, dass neue Medien zunächst an Bekanntes anknüpfen und erst später eine eigenständige Form entwickeln. Übertragen auf den Medienwandel 2.0 im digitalen Zeitalter liest Keller hier parallele Muster ab: Auch Internetseiten orientieren sich in formaler Hinsicht noch an alten Druckformaten. Und trotz Marshall McLuhans Prophezeiung vom Ende der Gutenberg-Galaxis, werden heute so viele Bücher produziert wie noch nie. Sogar die Abonnentenzahlen der Zeitungen gehen trotz Online-Konkurrenz weiter nach oben.

Keine Frage: Wir befinden uns natürlich längst im digitalen Zeitalter. Doch auch der letzte Medienwandel – und das eben zeigt die Geschichte – vollzog sich nicht abrupt. Ein Ende der Gutenberg-Galaxis ist also noch nicht so schnell in Sicht.

Fächerübergreifender Wissensaustausch

Der fächerübergreifende Dialog und innovative Forschung haben an der ÖAW Tradition. Nach Vorbild der Wissenschaftsakademien in London und Paris 1847 in Wien als Gelehrtengesellschaft gegründet, hat die ÖAW heute über 770 Mitglieder aus den unterschiedlichsten Disziplinen, die sich Forschungen von hoher wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Relevanz widmen. Seit 2008 gibt es zudem die Junge Akademie, die hochqualifizierte Jungwissenschaftler/innen versammelt, und gegenwärtig über 50 Mitglieder hat.