24.03.2014

Feinstaubquellen Massentierhaltung und Holzheizung

Einhaltung von Feinstaubgrenzwerten erfordert internationale Maßnahmen – Studie der Kommission „Klima und Luftqualität“ präsentiert neueste Erkenntnisse

Bei der Verringerung von Schwefelemissionen aus Kraftwerken und der Industrie war Österreich Weltmeister. Dennoch ist die Feinstaubproblematik nach wie vor ungelöst: Nationale und EU-Grenzwerte für Feinstaub (PM10) werden nicht eingehalten. Der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgeschlagene Jahresgrenzwert für PM2.5 von 10 ?g/m3, an dem sich neue Gesetzgebungen (z.B. in den USA) orientieren, ist derzeit in Österreich großräumig um ca. 50 bis 100 Prozent überschritten.

Laut der Kommission „Klima und Luftqualität“ der Österreichischen Akademie der Wissenschaften werden derzeit in Österreichs Städten jeweils ca. 25 Prozent des Feinstaubs in der Umgebungsluft von Dieselfahrzeugen und von Holzheizungen verursacht; 40 Prozent wird in der Atmosphäre großräumig aus anderen Luftschadstoffen gebildet, wobei Ammoniak aus der Landwirtschaft die Partikelbildung kontrolliert. „Der mit der vollständigen Einführung des Partikelfilters erwartete Rückgang von Dieselemissionen wird nicht ausreichen, um den WHO Grenzwert einzuhalten.“ sagt Dr. Markus Amann, Mitglied der Kommission „Klima und Luftqualität“ und Program Director am International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA), Laxenburg.

Wissenschaftlich Studien sehen größere Gesundheitsschäden durch Feinstaub (unter anderem durch Herzinfarkte) als von Verkehrsunfällen. Professor Manfred Neuberger von der Med Uni Wien erläutert: „Feinstaub aus industrieller Landwirtschaft gelangt in die Tiefe der Lunge und fördert im Blut die Gerinnung. Holzrauch verhält sich ähnlich, hemmt bei Kindern die Abwehr gegen Lungenentzündungen und kann zu  Bronchitis, COPD, Herzinfarkten, Schlaganfällen und Krebserkrankungen führen.“

Basierend auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zeigt die interdisziplinär zusammengesetzte Kommission „Klima und Luftqualität“ der Österreichischen Akademie der Wissenschaften geänderten Handlungsbedarf für die Luftreinhaltung in Österreich auf, insbesondere durch die Einbeziehung von Massentierhaltung und Holzheizungen. Professor Peter Sturm von der TU Graz führt aus: „Ammoniak aus der Landwirtschaft bildet mit Stickoxiden aus Dieselabgas langlebigen Feinstaub, der über weite Strecken transportiert wird, auch in die Städte und in Innenräume. Unsere Studien zeigen klar, dass eine Verringerung von Ammoniak aus der Landwirtschaft die Feinstaubbildung auch im Grazer Becken effektiv reduziert.“

„Neue Berechnungen demonstrieren die Notwendigkeit und Kosteneffizienz von international abgestimmten Verpflichtungen zur Verwendung von Pellets bei neu errichteten Biomasse-Zentralheizungsanlagen, sowie bei der Massentierhaltung zur bodennahen Ausbringung von Gülle und der Abdeckung von Güllelagern. Von solchen EU-weiten Regelungen würde Österreich sehr profitieren, da sie Emissionen auch in den östlichen Nachbarstaaten stark reduzieren und damit die Luftqualität auch in Österreich sofort verbessern würde. Und die Beschränkung auf Massentierhaltung bewirkt einen Wettbewerbsvorteil für 90 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich, aber erfordert strengere Umweltschutzmaßnahmen bei den in den anderen EU Staaten weitverbreiteten Großbetrieben“, ergänzt Dr. Amann.

Neue Berechnungen am International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) und der TU Graz demonstrieren die Kosteneffizienz von international abgestimmten Massnahmen in zwei Bereichen:

  • Verwendung von Pellets bei neuen Biomasse-Zentralheizungsanlagen. Dies würde einen starken Rückgang der Emissionen nicht nur in Österreich, sondern auch in den östlichen Nachbarstaaten bewirken, von dem die Luftqualität auch in Österreich profitieren würde. Die EU diskutiert derzeit einen entsprechenden Grenzwert für die „Ecodesign Direktive“, um den Marktzugang von stark emittierenden Billigöfen zu verhindern.
  • Bei der Massentierhaltung, der Abdeckung von Güllelagern sowie der bodennahen Ausbringung von Gülle. Diese einfachen Maßnahmen würden Ammoniakemissionen deutlich verringern und damit die Sekundäraerosolbildung, die derzeit mit 30-40 Prozent zur PM2.5 Belastung in Österreichs Städten beiträgt, auf die Hälfte reduzieren. In Österreich wären ca. zehn Prozent der Betriebe betroffen, in anderen EU Staaten mit weniger landwirtschaftlichen Kleinbetrieben deutlich mehr.

Basierend auf diesen Ergebnissen hat die Europäische Kommission entsprechende Maßnahmen in ihrem „Clean Air Policy Package“ vorgeschlagen, das die Feinstaubbelastung in Europa um die Hälfte reduzieren und damit die Einhaltung der WHO Grenzwerte ermöglichen soll. Das Maßnahmenpaket, das derzeit vom Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat diskutiert wird, würde durch volle Einbindung der Nachbarstaaten eine signifikante Verbesserung der Luftqualität in Österreich bewirken.

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