19.07.2019 | Expedition nach Kanada

Erderwärmung und Quecksilber-Belastung in Arktisseen

Am 21. Juli startet das Team des österreichisch-kanadischen Forschungsprojekts „High Arctic“ seine diesjährige Arktis-Expedition. Günter Köck von der ÖAW wird die Anreicherung von Schwermetallen und organischen Schadstoffen in arktischen Seen im äußersten Norden Kanadas untersuchen.

© Igor Lehnherr

Bereits jetzt haben die Forscher/innen im Fachjournal „Science of the Total Environment“ beschrieben, wie das hochgiftige Schadmetall Quecksilber und der Klimawandel Fischpopulationen in sechs arktischen Seen beeinflussen. „Wir entwickeln neuartige Modelle, mit denen wir den Einfluss des Klimas auf die Schadstoffbelastung von Fischen aus arktischen Seen in Zukunft genau beschreiben können“, sagt Günter Köck, Umweltwissenschaftler am Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Innsbruck.

22 Jahre High Arctic-Projekt

Das Projekt „High-Arctic“, 1997 ins Leben gerufen, ist die weitaus umfangreichste Untersuchung, die bisher zu diesem Themenkreis in der kanadischen Arktis durchgeführt wurde. Ausgangspunkt war eine Studie aus den 1990er-Jahren mit Seesaiblingen in Tiroler Hochgebirgsseen, in der sich ein Zusammenhang zwischen Metallanreicherung und Klimaänderungen erkennen ließ.

Als Basislager fungiert die Forschungsstation "Polar Continental Shelf Project" (PCSP) in Resolute Bay, einer knapp 200 Einwohner/innen zählenden Inuit-Gemeinde am Süden der Cornwallis-Insel. Die Forscher/innen untersuchen Populationen von arktischen Seesaiblingen (engl. „arctic char“) auf Schwermetalle sowie schwer abbaubare organische Schadstoffe und analysieren Veränderungen im Ökosystem.

Auswirkungen des Klimawandels

Einen langjährigen Forschungsschwerpunkt bilden Einflüsse der Klimaerwärmung auf die Anreicherung von Quecksilber (Hg) in den untersuchten arktischen Seen. Das hochgiftige Schwermetall gelangt aus Industriegebieten im Süden Kanadas über die Atmosphäre in das Seewasser. Mit fatalen Folgen: In den Gewässern und umliegenden Feuchtgebieten wird das Metall von Bakterien in das noch weitaus giftigere Methylquecksilber umgebaut. Diese organische Form des Schwermetalls reichert sich in der Nahrungskette an und ist für Fische und in weiterer Folge auch den Menschen gefährlich.

Wie die neue Studie in „Science of the Total Environment“ zeigt, variiert die Hg-Konzentration in den Fischpopulationen der sechs untersuchten Seen stark. Obwohl die Seen relativ nah beieinander liegen, unterscheiden sich die Quecksilber-Konzentrationen bis hin zum Faktor neun. Die Ursache dürfte die unterschiedliche Konzentration von gelöstem organischem Kohlenstoff (DOC) im Wasser sein, der eine wichtige Rolle im Ökosystem spielt und sich auch auf den Hg-Gehalt auswirkt.

Quecksilber-Rückgang verlangsamt

Wie die Forscher/innen herausfanden, haben auch bestimmte Klimavariablen einen Einfluss auf die Hg-Konzentrationen der Fischpopulationen. Dazu zählen höhere Temperaturen, mehr Niederschlag, kürzere Eisbedeckung – also direkte Folgen des Klimawandels, die zu einem Auftauen der Permafrostböden und einer veränderten chemischen Zusammensetzung der Seen führen.

Insgesamt beobachteten die Forscher/innen in ihrem Untersuchungszeitraum zwar einen Rückgang der Hg-Belastung in den Fischen in der Hälfte der Seen, doch steigende Temperaturen führen zu einem höheren DOC-Anteil, was den Rückgang des Quecksilbers zu verlangsamen scheint. Das genaue Zusammenspiel dieser komplexen Systeme – Klimavariablen einerseits, Ökosystem andererseits – ist noch weitgehend unbekannt. Die lückenlosen Aufzeichnungen der letzten 22 Jahre in Verbindung mit künftigen „High Arctic“-Expeditionen sollen dazu beitragen, diese noch offenen Fragen zu klären.

 

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