23.11.2016

Dopamin als Schlüssel

Der Pharmakologe Oleh Hornykiewicz hat die Forschung zu Parkinson über Jahrzehnte geprägt. Nun feierte das wirkliche Mitglied seinen 90. Geburtstag an der ÖAW. Festredner Stephen J. Kish blickte dabei auf neueste Erkenntnisse in der Erforschung der Krankheit.

Oleh Hornykiewicz beging seinen 90. Geburtstag an der ÖAW © ÖAW
Oleh Hornykiewicz beging seinen 90. Geburtstag an der ÖAW © ÖAW

Kaum ein anderer Wissenschaftler hat die Parkinsonforschung so geprägt wie Oleh Hornykiewicz. Der Pharmakologe, Neurologe und Chemiker gilt als jener Wissenschaftler, der als erster nachweisen konnte, was bei Parkinson im menschlichen Gehirn passiert. Nun feierte das wirkliche Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) am 17. November 2016 seinen 90. Geburtstag.

Aus diesem Anlass lud die ÖAW zu einem Festvortrag mit Stephen J. Kish von der University of Toronto, der aktuelle Erkenntnisse aus der Erforschung der Parkinsonkrankheit präsentierte und seinen langjährigen Kollegen Oleh Hornykiewicz würdigte. Denn ihm sei es auch zu verdanken, dass mit der Levodopa-Therapie eine wirkungsvolle Behandlungsmöglichkeit gefunden wurde, die bis heute die erste Wahl im Kampf gegen die schweren Symptome der Krankheit ist. „Davor hatten Parkinsonpatienten keine Hoffnung. Sie konnten sich nicht mehr bewegen, nicht aufstehen, sich nicht selbständig im Bett umdrehen. Mit Levodopa veränderte Hornykiewicz das Leben vieler Menschen von Grund auf“, erklärte Kish im Festsaal der Akademie.

Der Schlüssel für die Behandlung heißt Dopamin – jener Neurotransmitter, der unter anderem eine zentrale Rolle bei der Steuerung von Muskelbewegungen spielt. Bei Parkinsonpatienten nimmt die Dopamin-Konzentration im Gehirn ab, wodurch es mitunter zu „Schüttellähmungen“ kommt. Levodopa, das chemische Vorprodukt von Dopamin, gleicht dieses Defizit aus. Betroffene Patient/innen können sich dadurch beinah uneingeschränkt bewegen.

Die Frage nach dem Warum

Die Frage, warum die Dopamin-Neuronen abnehmen, ist aber bis heute nicht gänzlich geklärt. Eine gute Hypothese lieferte erneut Hornykiewicz mit einem Kollegen vor zwei Jahren, erzählte Kish: „Sie konnten es zwar noch nicht gänzlich beweisen, aber es wird vermutet, dass das Problem in den Dopamin-Vorräten liegt.“

Dopamin wird an den Kontaktstellen bestimmter Nervenzellen ständig neu gebildet und in sogenannten Vesikeln gespeichert. An diesen „Speichern“ setzten die Wissenschaftler bei ihren Forschungen an. Dabei zeigte sich, dass die Vesikel von an Parkinson erkrankten Menschen das Dopamin nicht so effizient abpumpten und folglich nicht ausreichend Dopamin binden konnten, erläuterte Kish. Dadurch könnte sich Dopamin in den Nervenzellen ansammeln und sie schädigen. „Dopamin ist zwar gut, wird es aber im Neuron ausgeschüttet, kann es die Nervenzellen zerstören“, so Kish, der in Toronto als Professor für Psychiatrie und Pharmakologie lehrt.

Brücke zur Meth-Forschung

Für den Kanadier sind die wissenschaftlichen Errungenschaften seines Kollegen auch aus einem anderen Grund von großer Bedeutung. Denn seit einigen Jahren beschäftigt sich Kish mit Menschen, die von Methamphetamin abhängig sind. Die Droge – kurz „Meth“ genannt – steht im Verdacht, den Dopaminspiegel im Gehirn teilweise erheblich zu senken. In einer Studie konnte Kish zeigen, dass Abhängige folglich ein erhöhtes Risiko haben, im Alter an Parkinson zu erkranken. „Es sind frühe Ergebnisse und wir müssen es noch einmal replizieren. Eine Forschergruppe in Utah kam jedoch zu ähnlichen Ergebnissen“, meinte der Wissenschaftler zuversichtlich.

Um die Entwicklung des neuronalen Krankheitsbildes zu verhindern, läge es nahe, von Meth abhängige Menschen ebenfalls mit der Levodopa-Therapie zu behandeln. Kish warnte allerdings vor voreiligen Schlüssen: „Eine der größten Hürden besteht darin, dass Levodopa und Meth nicht zur selben Zeit im Körper sein dürfen. Wir wissen zudem auch nicht, wie es sich auf den Therapieverlauf oder das Verhalten auswirken könnte.“

Zudem gelte es noch eine weitere wichtige Frage zu klären, bevor über den Einsatz des Parkinson-Medikaments nachgedacht werden kann, nämlich: Wie lange senkt Methamphetamin den Dopaminspiegel im Gehirn – sind es nur Tage, Wochen oder Monate? Denn: „Wenn das Defizit nur wenige Tage anhält, kann Levodopa nicht helfen“, so Kish.

Viel Forschung ist also noch notwendig. Eines aber steht fest: Oleh Hornykiewicz hat mit seinen Beiträgen Wesentliches geleistet, um diese Forschung einen großen Schritt weiterzubringen. Auch das wurde an seinem runden Geburtstag in der Akademie gefeiert. 

 

Oleh Hornykiewicz begann nach der Promotion 1951 am

Pharmakologischen Institut der Universität Wien zu arbeiten. Von 1956

bis 1958 war er Stipendiat an der Oxford University, danach war er

erneut an der Universität Wien tätig. 1968 erfolgte eine Berufung als

Full Professor an die Universität Toronto, 1978 wurde er ordentlicher

Professor an der Universität Wien. Dort gründete er das Institut für

Biochemische Pharmakologie, das er bis 1995 leitete. Auch an der

Gründung des Hirnforschungsinstituts in Wien im Jahr 1999 war er

wesentlich beteiligt. Er wurde mit zahlreichen Preisen und

Auszeichnungen gewürdigt, darunter das Österreichische Ehrenkreuz für

Wissenschaft und Kunst I. Klasse im Jahr 2008. Seit 1979 ist

Hornykiewicz wirkliches Mitglied der ÖAW.

Stephen J. Kish ist

Professor für Psychiatrie und Pharmakologie an der Universität Toronto

sowie Vorstand des Human Neurochemical Pathology Laboratory am Centre

for Addiction and Mental Health. Er absolvierte seinen PhD an der

University of British Columbia in Vancouver und war Post Doc bei Oleh

Hornykiewicz an der Universität Wien.