12.12.2018

Der Vater aller Pflanzenspermien

Eine weitreichende Mutation in Grünalgen, die den Prozess der Spermienbildung perfektionierte, lässt sich durch die gesamte Evolution der Pflanzen verfolgen. Ein internationales Team zusammen mit Pflanzenforschern der ÖAW hat das regulatorische Netzwerk rund um das entscheidende Protein DU01 entwirrt und die Ergebnisse nun in „Nature Communications“ publiziert.

© ÖAW/GMI/Klaus Pichler
© ÖAW/GMI/Klaus Pichler

Spermien und Eizellen als Brücke zwischen den Generationen sind eine Errungenschaft der Evolution, die sich bis in die Anfänge mehrzelliger Organismen vor vielen hundert Millionen Jahren zurückverfolgen lässt. Diese Errungenschaft setzte neue molekulargenetische Regulationsnetzwerke voraus. Jenes, das den Prozess der Spermienbildung steuert und in einer besonderen Gruppe von Grünalgen, den sogenannten „Armleuchteralgen“ entstanden ist, war so erfolgreich, dass es evolutionär weitergereicht wurde: ausgehend von den Armleuchteralgen kommt es heute in so unterschiedlichen Pflanzen wie Moosen, Farnen, Nadelbäumen oder Blütenpflanzen vor.

Urahn vor 700 Millionen Jahren

Was die molekulargenetischen Besonderheiten dieses Regulationsnetzwerkes zur Bildung von Pflanzenspermien waren und sind, haben Tomokazu Kawashima und Frederic Berger vom GMI – Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Kooperation mit einem internationalen Team untersucht. Sie fokussierten auf ein Protein namens DU01, das im Urahn aller Landpflanzen vor etwa 700 Millionen Jahren eine entscheidende Funktionserweiterung erfahren hat.

„Die Veränderung an DU01 bewirkte, dass es neue Erbgut-Sequenzen binden und damit mehr Gene als zuvor regulieren konnte. Diese bildeten zusammen ein Netzwerk, das die Spermienentwicklung perfektionierte", erläutern die Forscher. DU01 kontrolliert dieses Netzwerk im Kern noch heute, und wurde damit zum „Vater“ aller Spermien.

Das bedeutet dennoch nicht, dass der evolutionären Anpassungsfähigkeit der Spermien für verschiedene Pflanzengruppen enge Grenzen gesetzt worden wären. Nachfolgend an die von DU01 gesteuerten Schritte konnten sich sehr unterschiedliche, an die jeweiligen Lebensbedingungen optimal angepasste, Spermientypen entwickeln. So sind sie beispielsweise bei Algen und Moosen begeißelt und können sich aus sich heraus bewegen. In Blütenpflanzen hingegen sind sie unbeweglich und werden durch das Wachstum eines Pollenschlauchs zur Eizelle gebracht.

 

Publikation:

„Transcription factor DUO1 generated by neo-functionalization is associated with evolution of sperm differentiation in plants“, A. Higo, T. Kawashima, M. Borg et al., Nature Communications 2018

DOI: https://dx.doi.org/10.1038/s41467-018-07728-3)

Gregor-Mendel-Institut für Molekulare Pflanzenbiologie der ÖAW