17.04.2012

Balkanismen heute

Neuorientierung der Balkanlinguistik


Die europäische Integration verändert die Sprachen Europas. Wie sich die Methoden und Ergebnisse der bereits über 100-jährigen Balkanologie auf die Forschung zur Sprachentwicklung im heutigen Europa anwenden ließe, thematisiert ein soeben erschienener Tagungsband.

Auf dem Balkan haben sich im Laufe der Jahrhunderte trotz Zughörigkeit zu unterschiedlichen Sprachfamilien durch die geografische Nachbarschaft und vielfältige nachbarschaftliche Kontakte nicht genetisch bedingte Ähnlichkeiten der Sprachen - so genannte Balkanismen - entwickelt. Doch die politische Dekonstruktion des Balkanraumes auf der einen Seite und die zunehmende europäische Integration auf der anderen Seite haben die Balkansprachen verändert. Der "Balkansprachbund" mit den Kernsprachen Bulgarisch, Albanisch, Rumänisch und Makedonisch weicht einem Rückzug auf standardisierte Nationalsprachen, die zusammen mit den anderen Sprachen Europas durch die europäische Integration zu einem "Eurosprachbund" zusammenwachsen.

Für die Balkanlinguistik bedeuten diese Entwicklungen eine Neuorientierung ihres bisherigen Forschungsansatzes. Bisher wurde vorrangig zu Länge und Intensität des Sprachkontakts im Balkanraum geforscht und die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund gestellt. Nun gilt es die zunehmenden Unterschiede herauszuarbeiten. Als Expert(inn)en für Sprachbundforschung könnten aber auch gerade die Balkanlinguist(inn)en für die Erforschung des Eurosprachbundes künftig eine wichtige Rolle spielen.

Welche neuen Aufgaben ergeben sich in einem integrierten Europa für die Balkanlinguistik? Wie lassen sich die Methoden und Ergebnisse der gut 100-jährigen Balkansprachforschung auf die Forschung zur Sprachentwicklung im heutigen Europa anwenden? Diese Fragen werden in dem soeben erschienenen Tagungsband "Balkanismen heute - Balkanisms Today" zur gleichnamigen Tagung diskutiert, die vom 3. bis 5. September 2010 in Wien stattgefunden hat und vom Internationalen Slawisten-Komitee, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Universität Wien durchgeführt wurde.

Zu den Herausgebern

Thede Kahl ist Universitätsprofessor für Südslawistik an der der Friedrich Schiller-Universität Jena, Deutschland und Mitglied der Kommission Südosteuropa-Türkei-Schwarzmeerregion der ÖAW. Michael Metzeltin ist emeritierter ordentlicher Universitätsprofessor für Romanistik an der Universität Wien und Obmann der Kommission Südosteuropa-Türkei-Schwarzmeerregion. Helmut W. Schaller ist emeritierter Universitätsprofessor für Slawische Philologie und Balkanphilologie an der Universität Marburg, Deutschland.


Bibliographie:
Thede Kahl, Michael Metzeltin, Helmut Schaller (Hg.)
Balkanismen heute - Balkanisms Today
Balkanologie. Beiträge zur Sprach- und
Kulturwissenschaft, Bd. 3, 392 S., EUR 39,90, br.,
ISBN 978-3-643-50388-6
LIT
Das Buch beim LIT Verlag


Kontakt:
Univ.-Prof. Dr. Thede Kahl
Kommission Südosteuropa-Türkei-Schwarzmeerregion
Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW)
+43 1 512 91 84-2422 (Eva Frantz)
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