17.07.2012

Arktis-Expedition "High-Arctic" startet

Langzeitstudien für Erforschung des globalen Wandels unverzichtbar


Am 19. Juli 2012 startet das Team des österreichisch-kanadischen Forschungsprojekts "High-Arctic" seine 16. Arktis-Expedition. Günter Köck (ÖAW und Universität Innsbruck) und seine Kollegen werden, wie schon in vorhergehenden Expeditionen, die Anreicherung von Schwermetallen und organischen Schadstoffen in arktischen Seen untersuchen.

Im Rahmen des seit 1997 laufenden Forschungsprojekts "High-Arctic" werden jährlich die Einflüsse von Klimaveränderungen auf Seesaiblinge aus Seen in der kanadischen Arktis untersucht. "High-Arctic" ist die weitaus umfangreichste Untersuchung, die zu diesem Themenkreis bisher in der kanadischen Arktis durchgeführt wurde, und ist auch das am längsten durchgehend laufende österreichische Arktisprojekt. "Gerade bei der Erforschung des globalen Wandels sind derartige Langzeitstudien unverzichtbar. Leider lassen sie sich immer schwieriger finanzieren", betont der Biologe Günter Köck.

Paläolimnologische Untersuchungen

Ausgangspunkt für das Projekt war eine in den 1990er-Jahren an Seesaiblingen aus Tiroler Hochgebirgsseen durchgeführte Studie, in der sich ein Zusammenhang zwischen Metallanreicherung und Klimaänderungen erkennen ließ. Seit 1997 werden umfangreiche Untersuchungen an etwa 30 Seen auf sechs Inseln in der kanadischen Hocharktis durchgeführt. Als Basislager fungiert die Forschungsstation von "Polar Continental Shelf Project" (PCSP) in Resolute Bay, die dem Projekt umfassende logistische und technische Unterstützung zur Verfügung stellt. Die Mitarbeiter analysieren in den Fischen Schwermetalle wie Quecksilber und Cadmium so wie schwer abbaubare organische Schadstoffe. Darüber hinaus werden paläolimnologische Untersuchungen an Seesedimenten durchgeführt. In den Sedimentbohrkernen lassen sich neben biologischen und physikalisch-chemischen Veränderungen im Ökosystem auch der Eintrag von Schadstoffen über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte zurückverfolgen. Sedimentbohrkerne sind damit ein hervorragendes Klimaarchiv, mit dem Umweltveränderungen von der Vergangenheit bis in die Gegenwart erforscht werden können.

Nach jahrelanger Arbeit hat das Team nun erstmals eine genaue Tiefenkarte des weltweit zehntgrößten arktischen Sees, des Lake Hazen, auf Ellesmere Island veröffentlicht, die die Basis für die Entnahme von Bohrkernen aus dem Seesediment bildet. Während in den arktischen Seen die Konzentrationen von persistenten organischen Schadstoffe wie PCB und DDT aufgrund der Reduktion der globalen Emissionen sinken, steigen jener der als krebserregend und hormonwirksam eingestuften "polybromierten Flammschutzmittel (PBDEs)" signifikant an.

Fatale Folgen der Klimaerwärmung

Die Untersuchung der Einflüsse der Klimaerwärmung auf die Quecksilberanreicherung im Ökosystem der arktischen Seen bildet einen wichtigen Forschungsschwerpunkt im Projekt. Das hochgiftige Schwermetall gelangt aus den Industriegebieten im Süden über die Atmosphäre in die Seen. Mit fatalen Folgen: In den Gewässern und umliegenden Feuchtgebieten wird das Metall aufgrund der Klimaerwärmung in steigendem Maß von Bakterien in das noch weitaus giftigere Methylquecksilber umgebaut. Diese organische Form des Schwermetalls reichert sich in der Nahrungskette an und ist daher für Tier und Mensch besonders problematisch. "Neueste Daten zeigen, dass das klimaerwärmungsbedingte frühere Schmelzen der Eisdecke in den Seen zu Verschiebungen im Nahrungsspektrum und damit zu Veränderungen der Quecksilberkonzentration in den Fischen führen kann", so Günter Köck.

Die Ergebnisse aus der Arktis lassen sich aufgrund der Ähnlichkeit der Ökosysteme auch auf alpine Hochgebirgsseen übertragen. In Tiroler Hochgebirgsseen wird etwa untersucht, wie sich das Auftauen des Permafrost auf die Metallbelastung von Gewässern auswirkt.

Das Projekt "High-Arctic" ist über das "Global Change-Programm" der ÖAW in das internationale "Geosphere Biosphere Programm" eingebunden. In Kanada wird es vom Polar Continental Shelf Project, dem Northern Contaminants Program und Parks Canada unterstützt. Geleitet wird das Langzeitprojekt von Günter Köck und Derek Muir (Environment Canada, Burlington).

Zur Person

Günter Köck hat 1978 am Bundesgymnasium Gmunden maturiert und danach in Innsbruck Biologie studiert. Seine Fachgebiete sind die Fischbiologie und noch mehr die Erforschung von Umwelteinflüssen (Verschmutzung, Klima) auf die Ökologie unserer Gewässer. Seit 1997 ist er Projektleiter der österreichisch-kanadischen Forschungskooperation "High-Arctic", seit 2004 Koordinator der internationalen Forschungsprogramme der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Er vertritt Österreich in vielen internationalen Gremien (so etwa als Vice Chair des UNESCO-Forschungsprogramms "Man and the Biosphere") und ist Mitglied einiger wissenschaftlicher Beiräte. Er ist Mitherausgeber des Fachjournals "eco.mont" und hat über 160 Publikationen veröffentlicht. Im Jahr 2000 wurde er mit dem Kanada-Preis der Universität Innsbruck und 2010 mit der kanadischen "Go for Gold" Ehrenmedaille ausgezeichnet.


Projekt "High-Arctic"


Publikation:
Bathymetry and Sediment Geochemistry of Lake Hazen. G. Köck, D. Muir, F. Yang, X. Wang, C. Talbot, N. Gantner, D. Moser. ARCTIC, Volume 65, issue 1, 2012
Abstract


Kontakt:
Dr. Günter Köck
Internationale Forschungsprogramme
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M +43 664 2053444
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