Die vom Berliner Theaterkritiker Siegfried Jacobsohn 1905 gegründete Wochenzeitschrift Die Schaubühne war zunächst eine reine Theater- und Kulturzeitschrift. Nachdem sie sich auch politischen Themen geöffnet hatte, wurde sie 1918 in Weltbühne umbenannt und gilt bis heute als ein zentrales Forum der Weimarer Republik. Von Anfang an zielte Jacobsohn dabei auf die Einbeziehung möglichst vieler namhafter AutorInnen des deutschsprachigen Raums mit Blick auf dessen wichtige Theater- und Opernhäuser. Neben Berlin oder Hamburg bildete daher Wien einen selbstverständlichen Bezugspunkt; zudem galt Jacobsohns persönliches Interesse vielen österreichischen Autoren der Moderne wie Hermann Bahr, Arthur Schnitzler, Hugo von Hofmannsthal und Peter Altenberg, und er begleitete so begeistert wie kritisch Max Reinhardts neuen Inszenierungsstil, den dieser wiederum auch als Berliner Theatermacher entwickelte.

Die Schaubühne ist daher von der hohen Aufmerksamkeit für die lebendigen Beziehungen zwischen den Zentren und großer Neugier auf alle Neuerungen in Literatur, Theater und Kunst geprägt, über die etwa in Form vielteiliger Serien (Berliner Theater, Wiener Theater) berichtet und diskutiert wurde; häufig von prominenten Kritikern wie Julius Bab und Willi Handl, die ebenfalls für das gegenseitige Interesse Berlin-Wien stehen.

Neben Kritiken wurden Auszüge aus neuen Stücken, Gedichte und kurze Prosatexte präsentiert, sodass die Stimmen der zeitgenössischen Literatur auch selbst vertreten waren. Zudem informierten verschiedene Rubriken immer detaillierter Aus der Praxis: zuerst über Uraufführungen, mit der Zeit über eine Vielfalt von theater-relevanten Themen bis hin zu Engagements einzelner SchauspielerInnen, zur Listung neuer Bauvorhaben und zur genauen Illustration von Regieplänen. Detailreich dokumentierte Jacobsohn zudem von Anfang die oft horrenden rechtlichen Zustände an den Theatern.  

Konsequent positionierte sich die Zeitschrift außerdem im Blick auf Europa und darüber hinaus. Besprochen wurde nicht nur, was Pariser und Londoner Bühnen zeigten oder wie groß Ibsens Einfluss war; Rubriken zu Übersetzungen und Aufführungen im Ausland zeigen hier das Netzwerk und das Interesse für die Theatermoderne im Großen. Berichte gab es daher auch zu „fremden Schaubühnen“, zum Theater der USA, zu indischer Pantomime oder Figuren der malayischen Kleinbühne. Aus heutiger Sicht ist wohl kaum zu überschätzen, wie international die Schaubühne agierte und welche Informationsfülle daraus resultiert.

Jacobsohn trat explizit für ein nicht-kommerzielles und reflektierendes Theater ein – als Ort von Bildung und Wissen. Die Schaubühne sichtet die Aufklärung in der Moderne um 1900 und stellt differenzierte künstlerische Diskussion neben konkret politisch zu behandelnde Fragen. Darin liegt aber ihr großer dokumentarischer Wert und ihr Charakter als kulturgeschichtliche Quelle ersten Ranges, deren Erschließung über die Disziplinen der Theater-, Film- und Literaturwissenschaften hinaus äußerst relevant für die Medien- und Zeitgeschichte ist.

Die ACE verfügt bereits über Digitalisate der 26 (Halbjahres-)Bände (ca. 17.000 Dateien) des Nachdrucks von 1979–1980. Das Vorhaben umfasst die Annotation, die Registererstellung, die Verknüpfung mit Normdatensätzen sowie die technische Einrichtung (u. a. Durchsuchbarkeit mittels SketchEngine, Aufbereitung der Faksimiles) und die open access-Publikation.

Laufzeit: 1. 10. 2020 bis 31. 9. 2023.