Musik am und um den Wiener Kongress als Medium politischer Repräsentation – 1814/15

Von Ende September 1814 bis Anfang Juni 1815 stand Wien als Austragungsort des „Wiener Kongresses“ im Brennpunkt der Weltöffentlichkeit. Die zahlreichen Verhandlungsrunden, Komiteesitzungen und Einzelverhandlungen, in denen nach einer möglichst stabilen Neuordnung der europäischen Staatenwelt nach den Wirren, die die Napoleonischen Kriege und das Ende des Heiligen Römischen Reiches nach sich gezogen hatten, gerungen wurde, wurden von einem umfangreichen Rahmenprogramm begleitet, in denen sich Dynastie und Residenzstadt in glänzendem Lichte präsentierten. Es greift jedoch zu kurz, die Kongress-Feste als reine Vergnügungen sehen zu wollen; v. a. die „Hoffeyerlichkeiten“ waren vielmehr Teil einer ausgeklügelten Repräsentationsstrategie, verbunden mit für das Ancien Regime typischen Verhandlungsstrategien. Denn die essentiellen Verhandlungen fanden nicht in großen Plenarsitzungen statt, sondern in den Hinterzimmern der Adelspaläste anlässlich der berühmten Ballveranstaltungen, bei Diners und Soupers, in den Gängen und Logen der Theater oder den großen Volksfesten. Musik und Musikveranstaltungen dienen hier als Folie, auf der geschickt politische Strategien und Inhalte inszeniert werden. Auch die Rolle, die Öffentlichkeit und bewusst ausgewählte Teilöffentlichkeiten bei diesen Inszenierungen spielten, war Teil eines politischen Kalküls.

Der im Aufblühen begriffene Notendruck und Musikverlag in Wien nützte geschickt das Verlangen sowohl des Wiener Publikums wie der zahlreichen Gäste, musikalische Erinnerungen an die Kongress-Feste erwerben zu können; zahlreiche Fassungen für Pianoforte von Märschen (besonders des „Alexander-Marsches“ von Friedrich Starke), Tänzen und „charakteristischen Tongemälden“ der großen Volksfeste, allen voran jenes anlässlich des Jahrestages der Völkerschlacht bei Leipzig am 18. Oktober 1814 im Prater, können hierzu als Belege dienen. Auch Ludwig van Beethoven, der herausragende Komponist Wiens in dieser Zeit, lässt sich von der Stimmung um den Kongress zu einer „Patriotischen Komposition“ inspirieren und bringt unter großen Beifall am 29. November 1814 die große Kantate „Der glorreiche Augenblick“ (op. 136) zur Aufführung, die die Erwartungen und Empfindungen der Zeitgenossen in Töne kleidet.

Die Arbeiten an diesem Projekt zielen in zwei Richtungen: einerseits auf eine möglichst vollständige Auflistung sowie Klassifizierung der Feste, Feiern und Konzerte etc. in den Monaten des Wiener Kongresses, andererseits muss die Frage nach den Botschaften von Musik und Festen gerade in einer so dichten politischen Atmosphäre wie anlässlich des Kongresses gestellt werden. Wie weit wird Musik als Mittel symbolischer Politik eingesetzt, wie wird eine „heile Welt“ und Einigkeit inszeniert, der „Heiligen Allianz“ zur Bildsprache der zahlreichen Stiche auch eine „Tonsprache“ gegeben?


Projektleitung und Kontakt

Dr. Elisabeth Hilscher


Laufzeit

2014–2020


Finanzierung

 


Links

Wiener Kongress​​​​​​​