„Einer der besten Freunde Österreichs“ – General Mark Wayne Clark (1896−1984)

Einer der berühmtesten US-Heerführer des Zweiten Weltkrieges, dessen Todestag sich im April 2019 zum 35. Mal jährt, erwies sich als Glücksgriff für Nachkriegsösterreich.

„Austria courts friendship. … To-day in particular, when we have to bid farewell to one, though of the youngest, yet the best and most active friends of Austria, it seems to me important to note this fact. … And thus the friendship of General Clark, his sympathy for us and his indefatigable work in favour of our liberty ...  seems to us a pledge for the future and that it may be possible for us to gain, within the closer circle of friends among the nations of the world, that peaceful affection.“

Die anlässlich der Verabschiedung des Hochkommissars der USA für Österreich, Mark Wayne Clark, am 2. Mai 1947 gesprochenen Dankesworte des österreichischen Bundeskanzlers waren keine Schmeichelei. Vielmehr handelte es sich um den Höhepunkt einer ganzen Welle von Ehrungen, mit denen der US-Oberkommandierende in Österreich in Anerkennung seiner Verdienste überhäuft wurde, darunter die Ehrenbürgerschaft von Linz, Salzburg und allen Gemeinden der US-Besatzungszone in Oberösterreich sowie die Ehrendoktorwürde der Universität Wien – Clarks zweite nach jener von Oxford. Leopold Figl schloss mit den Worten:

„We thank you for the model care given, in the first place to the American zone, where within a short time you re-established civilian administration and with it the foundations for a well-planned reconstruction of these provinces. We thank you for your collaboration in the making of the first control agreement and for all the following basic measures of the Allied Council, which finally culminated in the abolition of the demarcation lines between zones and thus were the first steps on the way to the re-instatement of our sovereignty. We thank you, last not least, for your ever helpful and active support when in the last months we were again and again faced by nearly insoluble difficulties of the food situation and we thank you finally ...  for the perseverant and hard struggle which you waged at the Foreign Ministers’ Conferences in London and Moscow in favour of our State Treaty and with it for the transformation of Austria from a liberated to a free country. … May success ever be yours in your future career and may the blessing of God protect your health and your family.“

Die Rede Figls zeugte von zweierlei: von der Wertschätzung, die Clark, wie auch der Rektor der Universität Wien Ludwig Adamovich in seiner Laudatio feststellte, durch seine „unermüdlichen Bestrebungen“ für Österreich unter dessen Bevölkerung erworben hatte, und von der Freundschaft, die der erste Nachkriegsbundeskanzler und einer der berühmtesten Heerführer des Zweiten Weltkrieges im Laufe von zwei Jahren enger Zusammenarbeit aufgebaut hatten. Auch Karl Renner, provisorischer Staatskanzler 1945 und später Bundespräsident, lobte, dass sich Clark „seit seiner Ankunft als warmherziger und selbstloser Freund unseres Volkes und unseres Landes gezeigt hat. Diese große amerikanische Persönlichkeit, die höchste diplomatische Fähigkeiten mit militärischer Tapferkeit verbindet, hat sich als wärmster Fürsprecher für unser Land erwiesen ... Wir haben jeden Grund, der Zukunft vertrauensvoll entgegenzugehen, wenn Menschen wie General Clark unsere Sache so aktiv unterstützen.“

US-Hochkommissar für Österreich 1945−1947

In der Tat waren die Herausforderungen gigantisch, als Clark am 6. Juli 1945 in einer der schwierigsten Phasen der Geschichte Österreichs das Oberkommando über die US-Besatzung übernommen hatte: Das Land war überschwemmt von Flüchtlingen und fremden Soldaten, Kriegszerstörungen und -verbrecher, Tötungen, Vergewaltigungen und Plünderungen waren omnipräsent, die Ernährung der Menschen, die Grenzen, Einheit und Freiheit des Landes waren bedroht und seine Zukunft war unklar. Nur durch äußere Hilfe konnten Sicherheit und Überleben der Menschen gewährleistet werden.

Clark und Figl, den Ersterer als ebenso „fähigen wie mutigen Mann“ charakterisierte, arbeiteten oftmals gemeinsam am Wiederaufbau des Landes, an der Lösung seiner zahllosen Probleme, der Gewährleistung seiner Ernährung, der Wiedererlangung seiner vollen staatlichen Freiheit und Souveränität und der Sicherung seiner Zukunft. Dabei konnte niemand die künftige Entwicklung ihrer Beziehung oder gar des Landes absehen, als der hoch gewachsene US-General, den der britische Ministerpräsident Winston Churchill wohl in Anspielung auf dessen Physiognomie als „american eagle“ bezeichnet hatte, und der kleine, wortgewaltige und selbst durch über fünf Jahre Haft und Folter in NS-Konzentrationslagern ungebrochene Bauernpolitiker einander im August 1945 erstmals begegnet waren.

Damals, als die Zukunft der von der Sowjetunion beschlagnahmten Erdölwirtschaft in Ostösterreich auf dem Spiel stand, hatte sich ein enges Verhältnis entwickelt. Sehr bald wurde der US-General zu einem überzeugten Verfechter österreichischer Interessen und im Juli 1946 übergab er namens seiner Regierung die laut Potsdamer Abkommen den USA als Kriegsbeute zustehenden ehemaligen Hermann-Göring-Eisen- und Stahl-Werke in Linz sowie über 250 Industriebetriebe in der gesamten US-Zone treuhänderisch in die Verwaltung durch die österreichische Bundesregierung. In Ostösterreich sollte es bis 1955 dauern und 152 Millionen US-Dollar sowie zehn Millionen Tonnen Erdöl (später auf sechs Millionen reduziert) kosten, bis auch die Sowjetunion Österreich die z. T. ehemals deutschen Großbetriebe im Land übergab.

Clarks Verdienste sind nicht groß genug einzuschätzen, nicht nur für die Ernährung des Landes im Zeiten drohender Hungersnot, den Wiederaufbau von Demokratie und Wirtschaft in Österreich, sondern auch für die Ausverhandlung des für Österreich günstigen Zweiten Kontrollabkommens. Im Zuge der 1947 begonnenen Staatsvertragsverhandlungen in London und Moskau war Clark als für Österreich zuständiger US-Sonderbeauftragter und Außenminister-Stellvertreter ein verlässlicher Anwalt österreichischer Anliegen, vertrauensvoller Ratgeber und Unterstützer der Österreicher. Das österreichische Außenministerium stellte damals in einem internen Bericht fest, es sei „in erster Linie das Verdienst Clarks“, dass der amerikanische Staatsvertragsentwurf zur Gänze nach „österr. Wünschen umgestaltet“ worden sei. Als schließlich Außenminister Karl Gruber von der sowjetischen Delegation in die Mangel genommen wurde, ob er die Moskauer Deklaration von 1943 anerkenne, die nicht nur den Status Österreichs als Opfer Hitler-Deutschlands, sondern auch die Mittäterschaft an zahllosen NS-Verbrechen erwähnte, kam Clark dem Österreicher zu Hilfe und riet ihm, als würde er einen Maturakandidaten beruhigen (so der Historiker Gerald Stourzh), sich so viel Zeit wie nötig zur Überlegung zu nehmen.

Clark selbst hatte 1945 erklärt: „Österreich ist kein militaristischer Staat. Nach der Invasion durch die Nazitruppen wurde Österreich in den Krieg gezwungen. Unsere Aufgabe ist die Schaffung eines wirklich demokratischen Österreichs, das in der Lage ist, sich selbständig zu regieren. Österreich muss befreit werden von den Resten nationalsozialistischer Einflüsse. Wir werden Österreich anders behandeln als Deutschland.“

Die Münchener „Neue Zeitung“ bezeichnete den General anlässlich der Moskauer Konferenz am 7. April 1947 als einen „jener Soldaten-Diplomaten, deren taktisches Geschick sie auf dem Schlachtfeld wie am Konferenztisch zu schwer besiegbaren Gegenspielern macht“. Bereits im August 1945 hatte Clark sich bemüht, mit Sowjetmarschall Ivan Konev und den britischen und französischen Oberkommandierenden, General Richard McCreery und Marie Émile Antoine Béthouart, die zu viert den Alliierten Rat für Österreich bildeten, rasch zu einem ersten Treffen und einem guten Arbeitsverhältnis zu kommen, um so die sowjetischen Beschlagnahmen im Osten einzudämmen und die bisher unter rein sowjetischer Kontrolle stehende Regierung Österreichs aus der Isolation zu befreien. Dabei war Clark ein kameradschaftlicher, nötigenfalls harter, aber humorvoller Verhandler. Als Konev ihm einen Hund schenkte, taufte Clark ihn laut Medienberichten „Soglásen“ – das russische Wort für „einverstanden“, das er in den Verhandlungen so selten gehört habe.

„The last of the great World War II commanders“

Dabei war Clark die diplomatische Begabung, im Unterschied zur militärischen, nicht in die Wiege gelegt worden. Der am 1. Mai 1896 in Madison Barracks, New York, geborene Sohn sowie Enkel von Offizieren trat nach Absolvierung der Militärakademie in Westpoint, wo er mit dem späteren US-Oberkommandierenden in Europa und Präsidenten Dwight D. Eisenhower die Schulbank gedrückt hatte, 1917 in die Armee ein und wurde als Hauptmann der Infanterie und interimistischer Regimentskommandeur an der Weltkriegsfront in den Vogesen verwundet.

Nach Kriegsende diente Clark, seit 1924 mit Maurine Doran verheiratet und Vater zweier Kinder, u. a. als Adjutant des stellvertretenden Verteidigungsministers, Stabs- und Ausbildungsoffizier, absolvierte die Generalstabsschule und trat einer Freimaurerloge bei. Nach dem japanischen Überfall auf Pearl Habor und dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg rückte Clark zum jüngsten Generalleutnant der US-Armee auf und wurde mit dem Kommando der 5. Armee betraut, die im September 1943 die Landung in Salerno erkämpfte. Im Jahr zuvor war Clarks Fahrt im U-Boot und Schlauchboot zur Vorbereitung der Invasion in Nordafrika legendär geworden. Nach der Schlacht um Monte Cassino und der Einnahme Roms im Juni 1944 folgte Clark, dessen rasche Karriere, Verhalten und Operationsführung insbesondere aufgrund des Todes von über 1.300 US-Soldaten bei der Überschreitung des Flusses Gari, des Scheiterns der Einschließung größerer deutscher Verbände sowie der Bombardierung von Monte Cassino Kritik ausgesetzt waren, Feldmarschall Sir Harold Alexander als Oberkommandierender der alliierten Bodentruppen in Italien nach.

1945 nach Österreich beordert und zum bisher jüngsten US-General befördert, war Clark, der in beiden Weltkriegen mehrmals knapp dem Tod entronnen war, für den Aufbau der demokratischen Nachkriegsverwaltung in der amerikanischen Zone (Salzburg und Oberösterreich südlich der Donau), die Sicherstellung der Ernährung der Bevölkerung und die Vertretung der USA im Alliierten Rat verantwortlich. Bald begriff sich Clark auch als Verteidiger Österreichs gegenüber sowjetischen Beschlagnahmen und politischem Druck, was ihn und die USA scharfen sowjetischen Angriffen aussetzte. Durch seine Kontakte konnte Clark, der in der Bevölkerung durch die Hilfsaktion seiner Gattin für österreichische Kinder an Beliebtheit gewann, die nicht nur politische, sondern auch finanzielle Unterstützung der weltgrößten Volkswirtschaft mobilisieren zu helfen. Nach seiner Tätigkeit als US-Sonderbeauftragter für Österreichfragen bei den Konferenzen von London und Moskau 1947 kehrte Clark in die USA heim und übernahm im Militärstützpunkt Presidio (San Francisco) das Kommando über die 6. Armee.
In dem durch den Überfall Nordkoreas auf Südkorea 1950 ausgelösten Koreakrieg erhielt Clark am 12. Mai 1952 das Oberkommando über die multilateralen UN-Streitkräfte und er war es, der im folgenden Jahr das Waffenstillstandsabkommen unterzeichnete. Nach seiner Demobilisierung vom aktiven Dienst diente Clark von 1954 bis 1965 als Präsident im Militärcollege „The Citadel“ in Charleston, South Carolina. Nach dem Ableben seiner ersten Frau seit 1967 mit Mary Mildred Applegate verheiratet, verbrachte Clark seinen Ruhestand, in dem er u. a. die American Battle Monuments Commission leitete, in Charleston, blieb aber Österreich verbunden, dessen Militärakademie er 1974 als Ehrengast besuchte. Damals erklärte er stolz zu sein, am Wiederaufbau Österreichs mitgeholfen zu haben, und äußerte Anerkennung für die Entwicklung des Landes. General Clark verstarb am 17. April 1984 im Alter von 87 Jahren und wurde in der „Citadel“ beigesetzt. Der ORF würdigte ihn als „großen Freund Österreichs“, dessen Standfestigkeit und Unterstützung für den Wiederaufbau und die Freiheit Österreichs in einer Phase größter Unsicherheit von zentraler Bedeutung waren.

Clark hinterließ zwei Bände mit Lebenserinnerungen. Nach dem Träger hoher und höchster Auszeichnungen von nicht weniger als 15 Staaten (darunter Belgien, England, Frankreich, Italien, Polen, die Tschechoslowakei und die Sowjetunion) wurden mehrere Einrichtungen und Bauwerke benannt. In Österreich erinnert kein Straßenname an diesen Unterstützer von Österreichs Wiederaufbau und Freiheit.


Werke: Mein Weg von Algier nach Wien, 1954; From the Danube to the Yalu, 1954.


Literatur: Die Neue Zeitung (München), 7. 4., 5. 5. 1947; Interpress. Internationaler Biographischer Pressedienst. Ausgabe Politik 61, 1949; M. Blumenson, Mark Clark. The Last of the Great World War II Commanders, 1984; G. Bischof, Austria in the First Cold War. The Leverage of the Weak, 1999; J. Carafano, Waltzing into the Cold War. The Struggle for Occupied Austria, 2002; G. Stourzh, Um Einheit und Freiheit. Staatsvertrag, Neutralität und das Ende der Ost-West-Besetzung Österreichs 1945–1955, 2005; J. B. Mikolashek, General Mark Clark. Commander of U.S. Fifth Army and Liberator of Rome, 2013; Österreichisches Staatsarchiv / Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten / Politische Abteilung, Österreichische Mediathek, beide Wien; The Citadel Archives & Museum / Mark W. Clark Collection, Charleston, South Carolina, USA.

(Wolfgang Mueller)

Wir danken dem Bildarchiv Austria der Österreichischen Nationalbibliothek für die kostenlose Überlassung von Bildmaterial.