Abteilung Musikwissenschaft
Senior Research Associate – Digital Musicology
Telefonnummer
(+43 1) 515 81 – 3707
E-Mail
robert.klugseder(at)oeaw.ac.at
Biographie
Ausbildung bzw. Studium Kirchenmusik, Musikpädagogik, Musikwissenschaft und Theologie in Passau und Regensburg. Instrumentallehrer, Kirchenmusiker und Gymnasiallehrer. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Musikwissenschaft, Universität Regensburg. Sponsion 2002, Promotion 2004-2007. Seit 2008 Mitarbeiter der ÖAW, seit 2009 Lehrbeauftragter der Universität Wien. Lehraufträge an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz (KUG, W2017) und der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (MDW, W2018). 2013 Habilitation an der KUG. Seit 2015 Weiterbildung zum Digital Humanist u.a. am Zentrum für Informationsmodellierung der Universität Graz und bei den Edirom Summer Schools der Universitäten Detmold/Paderborn. Als Senior Research Scientist Leiter des Arbeitsbereichs Digital Musicology und verschiedener Projekte. Budgetbeauftragter der Abteilung Musikwissenschaft.
Geboren 1969 in Aidenbach (Passau), Kirchenmusikerausbildung in Passau, Mitarbeiter im Referat Kirchenmusik der Diözese, 1990–2003 Kirchenmusiker und Instrumentallehrer in der Diözese Passau und in Regensburg. 1991–1998 Studium der Geographie-, Musik- und Religionspädagogik in Passau und Regensburg, 1998–2002 Studium der Musikwissenschaft und der katholischen Theologie in Regensburg (M.A.). 2003–2008 Lehrer an bayerischen Gymnasien. 2003–2007 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Musikwissenschaft der Universität Regensburg (u. a. DFG-Projekte: "Heiligenoffizien" und "Die handschriftlichen Quellen des mittelalterlichen Chorals in Deutschland").
Promotion 2003–2007 bei Prof. Dr. David Hiley, Universität Regensburg, 2013 Habilitation für Musikgeschichte an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz (KUG).
Seit 2008 Mitarbeiter am Institut für kunst- und musikhistorische Forschungen der ÖAW: 2008–2014 FWF-Forschungsprojekt "Musikalische Quellen des Mittelalters in der Österreichischen Nationalbibliothek"; seit 2014: ÖAW-Forschungsprojekt "Cantus Network – a semantically enriched digital edition of libri ordinarii of the Salzburg metropolitan province" (Digital Humanities: Langzeitprojekte zum kulturellen Erbe, stellvertretender Projektleiter). Seit 2010 Mitarbeit beim ÖAW-Forschungsprojekt DEMOS (Daten zur Erforschung der Musik in Österreich, Musikzeitschriften des 19. Jahrhunderts). Seit 2015 Juniorarbeitsgruppenleiter bzw. Senior Research Scientist und Leiter mehrerer ÖAW-Forschungsprojekte.
Seit 2009 Lehrbeauftragter am Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien (mittelalterliche Musikgeschichte und Digitale Musik- und Textedition).
Forschungsbereiche
Aktuelle Forschungsprojekte
Projekte, Publikationen, Vorträge & Lehrtätigkeit
Ausgewählte Mitgliedschaften
Die vorliegende Faksimile-Edition ist das Ergebnis von Robert Klugseder’s Entdeckung neuer Mensural-Fragmente in der Nationalbibliothek Wien (Fragm. 661) und Margaret Bent‘s Feststellung der gemeinsamen Herkunft dieser Blätter mit schon bekannten Fragmenten in der Bayerischen Staatsbibliothek München. Die Staatsbibliothek München verwahrt unter der Signatur Mus. ms. 3224 acht Blätter einer italienischen Handschrift des zweiten Viertels des 15. Jahrhunderts. Wir verfügen jetzt über zwölf Folien bzw. vierundzwanzig Seiten einer Musikhandschrift, die ursprünglich aus mindestens 107 Folien bestanden haben muss. Gemeinsam sind die Münchner und Wiener Fragmente als bedeutende Ergänzung der bisher bekannten musikalischen Quellen aus dem Veneto der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu werten. Zu diesen Quellen gehören die umfangreichen Handschriften Bologna Q15 und Oxford Canon. misc. 213 sowie das etwas kleinere Manuskript Bologna Universitätsbibliothek 2216. Trotz der Verwendung von teurem Pergament, scheint die Münchner-Wiener Sammlung nicht unbedingt systematisch geplant worden zu sein. Es kann sein, dass Werke dann eingetragen worden sind, als sie zur Abschrift zur Verfügung gestanden haben. Die wenigen erhaltenen Originalfoliierungen erlauben keine sicheren Schlussfolgerungen, die Sammlung könnte aber mit einer Folge von Gloria- und Credo-Kompositionen eingeleitet worden sein, ab etwa Folio 100 gefolgt von einer Sammlung von Motetten und kürzeren Werken. An unbekannter Position, vorher oder nachher, eine Folge von Magnificatvertonungen. Obwohl die Fragmente in München und Wien heute nicht mehr in Bücher eingebunden sind, konnten trotzdem alle ehemaligen Trägerbände identifiziert werden. Auf der Suche nach diesen Trägerbänden im Bestand der ehemaligen Weihenstephaner Inkunabeln der Bayerischen Staatsbibliothek konnten zwar keine weiteren Fragmente, jedoch Abklatsche, also Reste von vormals eingeklebten Folien der Musikhandschrift gefunden und weitere zwei Kompositionen identifiziert werden: diese beiden aus anderen Sammlungen bekannten Werke erhöhten die bisherige Anzahl an Kompositionen auf zweiundzwanzig, von denen neun, also annähernd die Hälfte, Unikate darstellen. Bis auf fünf anonym überlieferte Werke sind für alle weiteren die Komponistennamen bekannt. Die meisten dieser Komponisten stammen aus dem Veneto oder haben, wie Arnold de Lantins, Guillaume Du Fay und viele andere junge Musiker aus Städten wie Liège oder Cambrai, längere Zeit in Nordostitalien gewirkt. Zu den italienischen Komponisten des Veneto gehören Cristoforus de Feltro, Antonius de Civitate, Bartolomeo Bruollo und Johannes de Quadris. Transalpine Komponisten mit einer musikalischen Kariere in oder Beziehungen nach Italien sind Arnold de Lantins, Beltrame Feragut und natürlich Guillaume Du Fay. Zusätzlich war die Musik des Franko-Flamen Johannes de Sarto und des Engländers Johan Dunstaple im Veneto weit verbreitet. Wir haben alle Möglichkeiten ausgeschöpft, nach weiteren Folien dieser bedeutenden Quelle zu suchen. Es spricht vieles dafür, anzunehmen, dass die Musikhandschrift bereits um 1500 zerlegt worden ist und zumindest einige Blätter in Venedig als Bindematerial Verwendung gefunden haben. Zumindest ein Teil dieser Blätter hat als Einbandmakulatur oder Verpackungsmaterial für gedruckte Bücher seinen Weg ins bayerische Kloster Weihenstephan gefunden. Dort wurden die Folien als Bindematerial wiederverwendet. Weitere Neufunde, auch in anderen Bibliotheksbeständen, sind jedoch nicht auszuschließen.
Das sehr umfangreiche Corpus an liturgischen Handschriften aus den Klosterneuburger Augustinerstiften St. Maria und St. Magdalena stellt eine große Herausforderung für die Musikwissenschaft dar. Dieser Aufsatz soll als Grundlage für die weitere umfassende Erschließung der Klosterneuburger liturgischen Tradition dienen. Es konnten sowohl für die Messe als auch für das Offizium eindeutige Charakteristika herausgearbeitet werden, die eine Unterscheidung der beiden Teiltraditionen des Chorherren- bzw. Chorfrauenklosters ermöglichen. Anhand dieses festgestellten Klosterneuburger Propriums ist eine deutliche Unterscheidung zu verwandten Traditionen innerhalb der Diözese Passau möglich. Durch diese „fingerprints“ konnte die vermutete Klosterneuburger Provenienz der beiden Gradualien A-Gu 807 und A-Wn 13314 eindeutig bestätigt werden. Zusätzlich gelang es, eine weitere liturgische Handschrift, das neumierte Brevier A-Wn 1717, zweifelsfrei Klosterneuburg zuzuweisen. Ein Vergleich mit den Offiziumsquellen aus St. Nikola Passau ließ, abgesehen von einer zugrundeliegenden Passauer Diözesanliturgie, keine näheren Beziehungen zwischen den beiden Traditionen erkennen. Die Frage nach den Ursprüngen der Klosterneuburger Liturgie konnte bis dato nicht beantwortet werden. Man kann davon ausgehen, dass die verschiedenen liturgischen Handschriften (A-Wn 13314, A-Gu 807, A-KN 1012 und A-KN1013), die in den ersten beiden Dezennien nach der Umwandlung kopiert oder kompiliert wurden, in Klosterneuburg entstanden sind. Es ist zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht nachweisbar, ob das ziemlich umfangreiche Klosterneuburger liturgische Proprium (sowohl Mess- und Offiziumsgesänge als auch das sehr spezielle Sequenzrepertoire) von einer anderen Institution übernommen oder in Klosterneuburg neu kompiliert worden ist. Auf Grundlage dieses Aufsatzes und der verschiedenen vorausgehenden Arbeiten soll in einem geplanten Forschungsprojekt das vollständige liturgische Handschriftencorpus Klosterneuburgs erschlossen werden. Aufbauend auf Franz Karl Praßls Forschungen zum Augustinersequenzrepertoire müssen die Klosterneuburger Haustraditionen in einen größeren diözesanen Zusammenhang gestellt werden. Dadurch könnten Rückschlüsse auf die Ursprünge der Klosterneuburger Liturgie zum einen und auf die bisher wenig erforschte Liturgie der Passauer Domkirche bzw. der Diözese zum anderen möglich werden.
Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage
Abteilung Musikwissenschaft
Vordere Zollamtsstraße 3
1030 Wien