Das Projekt erarbeitet die digitale Edition eines Textes, den Karl Kraus zwischen Anfang Mai und Ende September 1933 geschrieben hat. Der Text, der später den Titel „Dritte Walpurgisnacht“ erhielt, ist die wichtigste zeitgenössische Analyse der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im benachbarten Deutschland.

Textgrundlage der Edition ist ein knapp 300-seitiger Fahnenabzug mit handschriftlichen Korrekturen und ergänzenden Typoskriptblättern. Der Text war bereits vollständig, als Kraus sich im Oktober 1933 schließlich gegen eine Publikation entschied. Stattdessen veröffentliche Kraus sein berühmtes Gedicht „Man frage nicht“. Im Juli 1934 erschien darüber hinaus ein Text mit dem Titel „Warum die Fackel nicht erscheint“, der ausführliche Zitate aus dem Originaltext enthält.

Nach Kraus’ Tod wurde das Fahnenkonvolut durch seinen Anwalt Oskar Samek vor den Nationalsozialisten gerettet; über die Schweiz und New York gelangte es, nach Sameks Tod testamentarisch verfügt, an die Hebräische Universität in Jerusalem, der wir für die Zurverfügungstellung danken. Erstmals wurde der Text 1952 durch Heinrich Fischer publiziert, ein zweites Mal durch Christian Wagenknecht im Jahr 1989.

Die digitale Edition des Textes geht auf Vorarbeiten zurück, die unter Werner Welzig an der ÖAW in Angriff genommen worden waren. In einer ersten Publikationsstufe im ersten Quartal 2021 erfolgt die Veröffentlichung des edierten Volltexts gemeinsam mit einem Register der Personen, auf die der Text namentlich verweist oder anspielt, und einem Register seiner Intertexte, vor allem literarischen ‚Klassikern‘ sowie einer großen Zahl an Zeitungsmeldungen. Spätere Publikationsstufen beinhalten weiterführende Kommentare und eine Darstellung der Textgenese.

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