Wiener Studien - Rezension

Kommission für antike Literatur und lateinische Tradition

Rezensionen der Wiener Studien 113 (2000)


Bernd Manuwald, Platon. Protagoras. Übersetzung und Kommentar. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1999. 495 S. (Platon. Werke. Übersetzung und Kommentar. Hrsg. von E. Heitsch und C. W. Müller. Band VI 2.) ISBN 3-525-30421-8

Die vorliegende Arbeit enthält eine Übersetzung des Protagoras, ein einleitendes Kapitel und einen Kommentarteil, in dem der in Einzelabschnitte gegliederte Text jeweils mit Paraphrasen zum Inhalt und einer Deutung versehen ist. Um den Problemen, die sich auf Grund des in der Ausgabe fehlenden Originaltextes ergeben, entgegenzuwirken - hierbei handelt es sich um ein entscheidendes Manko der gesamten neuen Reihe zu Platon - sind die kommentierten Textstellen von M. jeweils in deutscher Übersetzung und dem entsprechenden griechischen Original angegeben. M.s Übersetzung ist gekennzeichnet durch große Nähe zum Griechischen, sie verabsäumt es jedoch, philosophische Termini der platonischen Sprache zu übertragen bzw. zu bestimmen, wie es E. Heitsch in dem vorbildlichen Phaidroskommentar (Band III 4), dem ersten Band der Reihe, vorgeführt hat. Die Deutung ist Ergebnis ausführlicher, philologischer und kulturhistorischer Arbeit und vermittelt so einen lebhaften Eindruck von Umfeld und Personenkreis der Schrift. An gegebener Stelle bespricht M. z. B. das athenische Erziehungswesen (217f.), zu den Protagonisten gibt er jeweils fundierte Artikel (z. B. Alkibiades, 93, Protagoras, 96f.). Auch werden Topoi platonischer Philosophie abgehandelt, auf deren Schwierigkeiten zwar verwiesen, jedoch oft nicht näher eingegangen wird (so z. B. zu Platons für den Rezipienten problematischer Einstellung zur Dichtkunst, 141; an anderer Stelle wird Prometheus in die Tradition griechischer Dichtung gestellt, seine Funktion innerhalb des Mythos der Protagorasrede bleibt aber weitgehend unbeachtet). Insgesamt aber handelt es sich bei der vorliegenden Arbeit um einen umfassenden sachlichen, philologischen, letztlich auf die Erklärung des Textes konzentrierten Kommentar.
Maria-Christine Leitgeb
 

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