Wiener Studien - Rezension

Kommission für antike Literatur und lateinische Tradition

Rezensionen der Wiener Studien 113 (2000)


Manfred Joachim Lossau, Aischylos. Hildesheim-Zürich-New York: Georg Olms Verlag 1998. 177 S. (Studienbücher Antike. 1.) ISBN 3-487-10721-X ISSN 1436-3526

Aus dem Vorwort des Verlages: "Die neuen Bände sollen keine Spezialmonographien für Klassische Philologen sein, sondern altertumswissenschaftliche Themen gerade auch in ihrer Bedeutsamkeit für andere Fächer und für ihre Fragestellungen fruchtbar machen. Sie wollen Arbeitsgrundlagen bieten für Literaturwissenschaftler, Germanisten, Romanisten, Historiker, Philosophen, Theater- und Kunsthistoriker und alle anderen, die sich immer wieder mit dem einen oder anderen antiken Schriftsteller befassen. Auch für den Gebrauch in der Schule, Museum, Theater und anderen Institutionen werden die neuen Einführungen das notwendige Wissen bereitstellen." (7; Peter Guyot). Ich möchte die Anforderungen dieser Liste nicht beurteilen; im vorliegenden ersten Band der neuen Reihe gelingt es jedenfalls nicht, sie zu erfüllen. Ich meine damit nicht den schwer lesbaren Stil des Autors, sondern ich meine das Schwanken der Darstellung zwischen Informationen, die eindeutig den eingearbeiteten Philologen betreffen, und Andeutungen auf weiterführende Interpretationen; nicht einem der im Entwurf der Reihe angegebenen Interessenten ist mit unzähligen Verweisen auf TGrF – ohne Text, ohne Übersetzung – gedient, mit der äußerst knappen und auch ungenau referierten Überlieferungsgeschichte, oder gar mit den ungeordneten und nicht erklärten Informationen, die unter der Kapitelüberschrift "Metrik" (144 –147) gegeben werden ("Dem Iambischen fügen sich im Prometheus, jetzt durchlaufend, daktylische Formen, die überdies in zwei, wenn nicht drei Strophenpaaren mit epitritischen Elementen zu regelrechten beziehungsweise vermeintlichen Daktyloepitriten zusammenwachsen." 144 – usw.). Dazu kommen Druckfehler, Versehen, und eine unübersichtliche Literaturliste, in der teils zu viel angeführt ist, teils Arbeiten fehlen, die in den Fußnoten abgekürzt zitiert werden (z. B. 45 Anm. 17, 141 Anm. 9, 144 Anm. 1). Und auch in der Darstellung der einzelnen Tragödien kann man Seltsames finden: die mehrmals begegnende Annahme der Orestie und deren Struktur als Maßstab für andere Tragödien (69 u. ö.), oder deren Kurzbezeichnung als "Folge von drei Tragödien, die von dem alten und immer wieder vitalen Thema 'Übertretung und Strafe' beherrscht sind" (77) – und wer ist eigentlich der "Spötter Heraklit" (102 Anm. 21)? Leider, hier wurde eine Chance versäumt, und dieses Buch kann nicht nur den vorgegebenen Anspruch nicht erfüllen, es verursacht Ratlosigkeit und Verwirrung.
Herbert Bannert
 

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