Wiener Studien- Rezension

Kommission für antike Literatur und lateinische Tradition

Rezensionen


Poetischer Rom-Führer. Italienisch und Deutsch. Herausgegeben von Hans Hinterhäuser. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1997. 187 S. 5 Abb. ISBN 3-534-12782-X

Eine sehr ausgewogene Sammlung des Wiener Romanisten, die von lateinischen Epigrammen des Barberini-Papstes Urban VIII. bis zum Ohrwurm ,Arrivederci Roma' aus den fünfziger Jahren führt ("Einen Scherz aber habe ich mir zum Abschluß meines Rom-Führers jenseits aller Qualitätsansprüche erlauben wollen": 10). Erstaunlich, daß von den allgemein bekannten italienischen Dichtern nur D'Annunzio vertreten ist, Leopardi, Ungaretti, Montale und andere aber fehlen, weil sie sich mit dem Thema ,Rom' nicht auseinandergesetzt haben. Auch dies ist ein Rom-Erlebnis: Plätze, Straßen, Brunnen, Sehenswürdigkeiten mit den Augen italienischer Dichter zu sehen und gleichzeitig einen Einblick zu bekommen in die Entwicklung der Poesie, in römische Mundartdichtung (Giuseppe Gioacchino Belli), oder, durch H.s Erläuterungen, die radikal neue Sicht- und Dichtweise zu erkennen, die die Ankunft des zornigen Pier Paolo Pasolini in Rom in die italienische Literatur gebracht hat.

In einem Punkt möchte ich einen Hinweis geben: H. konstatiert für die Liedtexte der Cantautori - im Unterschied zu den französischen Chanson-Dichtungen von poetischer Bedeutung - in erster Linie eine "Protestreaktion gegen die sentimentalen Süßlichkeiten der italienischen Schlagertradition" (9). Das mag für den von H. angeführten, etwas ungebärdigen Antonello Venditti gelten; ganz anders aber sind wohl der aus Asti stammende Paolo Conte, der Genuese Fabrizio de Andrè oder der Römer Francesco De Gregori mit seinem Zyklus ,Titanic' (1982), der auf einer Dichtung H. M. Enzensbergers aufbaut, zu beurteilen; doch dies hat eigentlich nichts mehr mit dem gelungenen und schönen Romführer zu tun!

Herbert Bannert

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