Wiener Studien- Rezension

Kommission für antike Literatur und lateinische Tradition

Rezensionen


Wilhelm von Ockham, Texte zur politischen Theorie. Exzerpte aus dem Dialogus, lateinisch/deutsch, ausgewählt, übersetzt und herausgegeben von Jürgen Miethke. Stuttgart: Reclam 1995. 400 S. (Universal-Bibliothek. 9412.) ISBN 3-15-009412-7

Einen "Wegweiser zur politischen Theorie Wilhelms von Ockham" (Nachwort, 400) möchte der Hrsg. mit der vorliegenden Auswahl von Texten aus dem ,Dialogus' liefern. Dies ist ihm zweifellos vorzüglich gelungen, einerseits durch die Auswahl von für die spätmittelalterliche Politik, vor allem für den Konflikt zwischen Kaiser und Papst, zentralen theoretischen Texten (der Text stellt keine kritische Edition dar, sondern gibt den Inkunabeldruck von 1494 mit Emendationen an offensichtlich falschen Stellen wieder), andererseits durch die sprachlich kompetente und leicht verständlich formulierte Übersetzung. Die Notwendigkeit von derartigen zweisprachigen Ausgaben bzw. Übersetzungen, die verhindern sollen, daß das Studium der mittelalterlichen Geschichte in zunehmendem Maß aufgrund unüberwindlicher sprachlicher Probleme auf die Auswertung der oft sehr anspruchsvollen lateinischen Quellen verzichtet, kann, wie auch der Hrsg. im Vorwort bemerkt (7), nicht oft genug betont werden. Die für das Textverständnis hilfreichen Anmerkungen sowie die umfangreiche Bibliographie und das Nachwort bringen wertvolle Hintergrundinformationen und reichlich Hinweise auf weiterführende Literatur, so daß der Band auch von Nichtspezialisten, für die er ja gedacht ist, mit Gewinn verwendet werden kann. Einziger Mangel sind einige wenige dem syntaktischen Aufbau des jeweiligen Satzes zuwiderlaufende Interpunktionen im lateinischen Text: Z. B. ist S. 10 im ersten Absatz nach auderet zum Verständnis unbedingt ein Komma nötig; S. 34 findet sich im zweiten Absatz nach pestiferam ein Komma, wo aus syntaktischen Gründen keines stehen dürfte - in beiden Fällen ist aber die Übersetzung korrekt; vielleicht handelt es sich lediglich um Druckfehler, wie sie gerade im lateinischen Text gelegentlich auftreten. Dies kann aber den Nutzen und Wert des Bandes insgesamt nicht schmälern.

Margit Kamptner

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